Abtreibung verweigert: Amnesty kritisiert argentinische Behörden

Buenos Aires (dpa) - Im Fall einer vergewaltigten Elfjährigen wirft
die Menschenrechtsorganisation Amnesty International den
Gesundheitsbehörden Argentiniens vor, dem Mädchen eine legale
Abtreibung verwehrt zu haben. Damit habe man die Rechte des Mädchens
schwer verletzt, heißt in in der Erklärung Amnestys vom Donnerstag
(Ortszeit). Die Elfjährige hatte in einem Krankenhaus in der
nordargentinischen Provinz Tucumán in der 23. Schwangerschaftswoche
per Kaiserschnitt entbunden. Der Fall war aber von den Behörden
bereits fünf Wochen zuvor erfasst worden war - zu einem Zeitpunkt, zu
dem eine legale Abtreibung noch möglich gewesen wäre.

In Argentinien wird der Abbruch von Schwangerschaften in besonderen
Fällen gestattet, etwa nach Vergewaltigungen. In besonders
konservativen Provinzen ist es aber wiederholt vorgekommen, dass die
eigentlich vorgesehen Abläufe nach Vergewaltigungen von
Minderjährigen nicht befolgt wurden.

Eine Staatsanwältin habe die Klinik der Elfjährigen angewiesen, die
Schwangerschaft nicht zu unterbrechen, sagte die
Gesundheitsministerin Rossana Chahla am Donnerstag der Zeitung «La
Gaceta de Tucumán». Es hätten deshalb Ärzte herbeigeholt werden
müssen, um die Operation vorzunehmen. Das nur 600 Gramm schwere Baby
habe nur geringe Überlebenschancen. Das elfjährige Mädchen befinde
sich in zufriedenstellendem Gesundheitszustand.

«Wenn wir sie nicht operiert hätten, wäre sie gestorben», erklärt
e
eine behandelnde Ärztin. Der Körper der Elfjährigen sei noch nicht
reif für eine Schwangerschaft gewesen. Sie sei mit hohem Blutdruck in
den Operationssaal gebracht worden.

Für zusätzliche Aufregung sorgten Erklärungen des Erzbischofs von
Tucumán, Carlos Sánchez, der zum Schutz der Elfjährigen und des
Neugeborenen aufrief, und dabei den bis dahin geheim gehaltenen Namen
der Vergewaltigten bekanntgab. Das Mädchen soll von dem 66-jährigen
Partner seiner Großmutter wiederholt vergewaltigt worden sein.

In Argentinien wurde 2018 ein Gesetz für liberales Abtreibungsrecht
im Parlament knapp abgewiesen. Der damalige Gesundheitsminister
Adolfo Rubinstein schätzte, in Argentinien würden jährlich rund
350 000 illegale Abtreibungen durchgeführt.