Umfrage bei Pflegeheimen: Offene Stellen und kein Geld für mehr Leute

Da viele Menschen immer älter werden, wächst der Bedarf an
Pflegeheimen. Doch die Betreiber haben kaum noch Kapazitäten und zu
wenig Mitarbeiter. Obendrein schränkt der Kostendruck in der Branche
Lösungswege ein, zeigt eine neue Studie.

Frankfurt/Kassel (dpa) - Angesichts des Personalmangels in der Pflege
haben nach einer Branchenumfrage weit mehr als die Hälfte der
Einrichtungen offene Stellen. 60 Prozent haben demnach unbesetzte
Stellen für Fachkräfte, im Mittel sind bei ihnen sechs Jobs frei, wie
die der Deutschen Presse-Agentur vorliegende Analyse zeigt. In den
vergangenen drei Monaten musste demnach gut jede fünfte
Pflegeeinrichtung wegen des Fachkräftemangels einen temporären
Belegungsstopp verordnen.

Für die von der Evangelischen Bank in Auftrag gegebene Erhebung
wurden rund 300 Geschäftsführer und Verwaltungsleiter befragt, die
zusammen mindestens 1250 der bundesweit rund 15 000 stationären Heime
vertreten.

Mit höherer Bezahlung versuchen der Befragung zufolge 46 Prozent der
Heime, Personal zu gewinnen. Dabei fehlt es vielen an ausreichend
Finanzmitteln dafür, wie das Vorstandsmitglied der auftraggebenden
Bank, Christian Ferchland, in Kassel erklärte. Für das Erreichen der
Gewinnschwelle sei im Mittel eine Auslastung von 94 Prozent nötig.
«Dem Fachkräftemangel können Einrichtungen nur sehr bedingt mit
höheren Gehältern entgegenwirken.» Hier seien politische
Entscheidungen gefragt.

Bei Engpässen greifen den Umfrageergebnissen zufolge knapp 40 Prozent
der Betreiber auf Leiharbeiter zurück - wenn auch in Einzelfällen.
Pflegekräfte aus dem Ausland gehören demnach in mehr als 70 Prozent
der Heime fest zur Belegschaft, vor allem aus Osteuropa.

Deutschlandweit sind 38 000 Stellen in der Alten- und Krankenpflege
unbesetzt. Die Bundesregierung will die Aus- und Weiterbildung in der
Branche ankurbeln. Bis 2023 soll die Zahl der Azubis und ausbildenden
Einrichtungen im Bundesschnitt um zehn Prozent im Vergleich zu 2019
zulegen.

Berlin macht ferner Druck auf Altenpflege-Anbieter, um zu mehr
Tarifbindung zu kommen. Die Branche mit gemeinnützigen, kirchlichen,
öffentlichen und privaten Trägern ist zerstückelt. In der Altenpflege

arbeiten laut Bundesarbeitsminister Hubertus Heil nur 22 Prozent der
Beschäftigten in Firmen mit Tarifverträgen, die meist höhere
Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen sichern.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz warf der Bundesregierung aber
vor, die Finanzierung solcher durchaus richtigen Verbesserungen
offenzulassen. «Wer das zahlen soll, sagt Berlin nicht. Denn von
einer Anpassung der Leistungen aus Pflegeversicherung ist nicht die
Rede», sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch der Deutschen
Presse-Agentur. «Schon heute haben viele Pflegebedürftige kein Geld
mehr, die steigenden Ausgaben zu bezahlen. Schließlich werden alle
Kostensteigerungen direkt an die Betroffenen weitergereicht.»