Bewegung im Streit um Verbot der Tabak-Plakatwerbung Von Sascha Meyer, dpa

Dass Rauchen gesundheitsschädlich ist, bestreitet niemand. Experten
fordern seit Jahren, Tabak-Reklame auch auf Litfaßsäulen und Co. zu
unterbinden. Doch da war eine Blockade in Berlin. Nun tut sich was.

Berlin (dpa) - In die lange festgefahrene Debatte um ein Verbot der
Tabakwerbung auf Plakatflächen in Deutschland kommt erste Bewegung.
Die Fachpolitiker der Union im Bundestag einigten sich weitgehend
darauf, dass die bestehenden Beschränkungen auch auf Außenwerbung
ausgeweitet werden sollen. «Uns ist dabei der Jugendschutz besonders
wichtig, aber natürlich auch der Gesundheitsschutz», sagte
Fraktionsvize Gitta Connemann (CDU) der Deutschen Presse-Agentur.
Damit könnten die Chancen auf einen neuen Koalitionsanlauf für ein
Verbot steigen, gegen das es zuletzt Widerstände in der CDU/CSU gab.

Die Fachpolitiker der Union sprechen sich nun dafür aus, dass die
Tabakrahmenkonvention der Weltgesundheitsorganisation WHO, der
Deutschland 2005 beigetreten ist, umgesetzt werden soll - und zwar
eins zu eins. «Laut der Konvention dürfen Tabakprodukte nur
eingeschränkt beworben werden», betonte Connemann. «Es geht also
nicht um ein Pauschalverbot.» Zugleich sei für Vertrauensschutz zu
sorgen. Dieses Prinzip besagt unter anderem, dass Neuregelungen keine
rückwirkenden Nachteile hervorrufen dürfen. Über die wesentlichen
Punkte wollen die Fachpolitiker nun in der Unionsfraktion diskutieren
und auch auf den Koalitionspartner SPD zugehen, wie Connemann sagte.

In der vorigen Wahlperiode war ein Anlauf für ein Außenwerbeverbot an
Widerspruch der Union gescheitert. Das Kabinett stimmte 2016 zwar
einem Entwurf zu, Tabakwerbung auf Plakatwänden und im Kino ab 2020
weitgehend zu verbieten. Das Gesetz wurde dann aber nie beschlossen.
Hoffnungen der Verbotsbefürworter richten sich auf die neu gewählte
Unions-Fraktionsführung. Die SPD dringt auf einen neuen Anlauf - und
hat schon weitergehende Forderungen genannt, alle Formen von Werbung
und auch alternative Produkte wie Elektro-Zigaretten einzuschließen.

Damit zeichnen sich Diskussionen darüber ab, wie weit ein mögliches
Werbeverbot greifen könnte. Der Kabinettsbeschluss von 2016 sah vor,
Werbung an Fachgeschäften und Verkaufsstellen wie Tankstellen oder
Kiosken weiter zu erlauben. Ebenso im Kino bei Filmen mit Freigabe ab
18 Jahren. Die Grünen fordern in einem eigenen Entwurf ein völliges
Verbot im Kino und auf Außenflächen mit Ausnahme von Fachgeschäften -

auch für E-Zigaretten und nicht nur für Tabakwaren. Connemann machte
dazu deutlich: « Wir sind keine Verbotspartei wie die Grünen. Eine
Zwangsbevormundung durch Totalverbote - das lehnen wir ab.»

Gesundheitsexperten dringen seit Langem auf schärfere Werberegeln.
Die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU) argumentiert, sie
könne den Satz nicht mehr hören, Tabak sei legal, deshalb müsse
Werbung erlaubt sein. Bei 120 000 Tabaktoten im Jahr könne man sich
nicht zurücklehnen. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung sind
«umfassende Werbeverbote» zentraler Bestandteil der Tabakkontrolle in
allen EU-Staaten außer in Deutschland. Schon verboten ist Werbung
aber etwa in Radio und Fernsehen, Zeitungen und Zeitschriften.

Das Deutsche Krebsforschungszentrum warnt, Tabakwerbung fördere bei
Jugendlichen «sowohl den Einstieg ins Rauchen als auch den Übergang
vom Experimentieren mit Zigaretten zum regelmäßigen Rauchen». Der
Deutsche Zigarettenverband warnte dagegen anlässlich einer Anhörung
im Bundestag, ein vollständiges Verbot wäre ein «unverhältnismä
ßiger
Grundrechtseingriff» in die Freiheit zu werben. Maßgebend für den
Rauchbeginn besonders von Minderjährigen sei das Rauchverhalten in
Freundeskreis und Familie - nicht die Werbung für Tabakerzeugnisse.