Mörder jahrelang nicht auf Deutsch therapiert - Belgien verurteilt

Straßburg (dpa) - Weil ein verurteilter Mörder und Vergewaltiger in
einer belgischen psychiatrischen Einrichtung jahrelang keine Therapie
in seiner Muttersprache Deutsch bekam, ist Belgien verurteilt worden.
Der Staat habe damit gegen das Verbot unmenschlicher Behandlung und
gegen das Recht auf Freiheit verstoßen, urteilte der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte am Donnerstag (Beschwerdenummer
18052/11). Belgien muss dem Mann nun 32 500 Euro Entschädigung
zahlen.

Der Beschwerdeführer wird seit 2004 in einer psychiatrischen
Einrichtung in Belgien festgehalten, weil er nach Überzeugung der
belgischen Behörden auch nach Verbüßen seiner Haftstrafe noch
gefährlich ist. Er spricht nur Deutsch, bekam aber 13 Jahre lang
keine Therapie in dieser Sprache und hatte auch wenig Kontakt zu dem
französischsprachigen Personal der Einrichtung. Anträge des Mannes
auf Freilassung wurden wiederholt abgelehnt - auch mit der
Begründung, dass er nicht therapiert worden sei.

Dass der Mann 13 Jahre festgehalten worden sei, ohne eine
realistische Hoffnung auf eine Veränderung der Situation, habe ihn
einer besonders schweren Not ausgesetzt, urteilten nun die
Straßburger Richter. Das Fehlen einer deutschsprachigen Therapie sei
umso weniger zu rechtfertigen, als dass Deutsch eine der Amtssprachen
Belgiens sei. Der Gerichtshof hielt fest, dass sich die Lage des
Mannes seit 2017 gebessert habe: Seitdem stehe ihm Unterstützung in
seiner Muttersprache zur Verfügung - die Menschenrechtsverletzungen
dauerten also nicht an.