Koalition streitet über Entlastungen für Betriebsrentner

Krankenkassenbeiträge machen Betriebsrenten für viele unattraktiv.
Daran soll sich künftig etwas ändern - da sind sich Union und SPD
eigentlich einig. Doch ein erster Vorschlag löst prompt Ärger aus.

Berlin (dpa) - In der großen Koalition ist Streit über Entlastungen
für Betriebsrentner entbrannt. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
legte einen Vorschlag vor, der bei Finanzminister Olaf Scholz (SPD)
aber umgehend auf Widerspruch stieß. Nach einem Gesetzentwurf Spahns
sollen die Krankenkassenbeiträge auf Betriebsrenten ab dem 1. Januar
2020 halbiert werden. Das Entlastungsvolumen wird auf drei Milliarden
Euro beziffert. Bezahlen sollen das vor allem die Steuerzahler.

Ziel ist, ein seit längerem bestehendes Problem zu mildern: Auf
Betriebsrenten wird der volle Krankenkassenbeitrag fällig - nachdem
bereits beim Ansparen auf die entsprechenden Einkommensbestandteile
Beiträge gezahlt wurden. «Ziel des Gesetzentwurfes ist es,
Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung von den Beiträgen,
die sie im Alter auf Versorgungsbezüge zu leisten haben, spürbar zu
entlasten», heißt es im Entwurf, der der Deutschen Presse-Agentur
vorliegt. Das «Handelsblatt» (Dienstag) berichtete zuerst darüber.

Zur Finanzierung ist eine Erhöhung des jährlichen Steuerzuschusses an
die gesetzlichen Krankenkassen um 2,5 Milliarden auf 17 Milliarden
Euro vorgesehen. Nur den Rest - also 500 Millionen Euro - sollen die
Kassen tragen.

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) lehnte Spahns Vorstoß ab, wie ein
Sprecher sagte. Er teile zwar das Anliegen, die «Doppelverbeitragung»
abzuschaffen. Insofern sei der Vorschlag zu begrüßen. «Allerdings ist

der Finanzierungsvorschlag des Bundesgesundheitsministers nicht
überzeugend.» Im Bundeshaushalt seien keine zusätzlichen Mittel daf
ür
vorhanden. «Die Finanzlage der Krankenkassen sieht hingegen deutlich
besser aus, weshalb Jens Spahn auf der Suche nach der Finanzierung
dort fündig werden könnte.»

Das Gesundheitsministerium betonte dagegen, der Koalitionsvertrag
sehe auf Bestreben der SPD vor, dass es mehr Steuermittel für die
gesetzlichen Kassen geben solle. Und die SPD wolle Betriebsrentner
entlasten. «Das kann kaum allein zu Lasten der Beitragszahler gehen.
Also rechnen wir mit der Bereitschaft des Finanzministers, sich hier
substanziell einzubringen», sagte ein Sprecher.

Aus den Koalitionsfraktionen wurde der Druck erhöht, zu einer Lösung
zu kommen. «Wenn im ersten Quartal nichts passiert, werden wir in den
Koalitionsfraktionen eine Initiative starten, um die Regierung zu
einem Gesetzentwurf aufzufordern», sagte Unionsfraktionsvize Carsten
Linnemann (CDU) der Deutschen Presse-Agentur. Linnemann sprach dabei
auch für Abgeordnete der SPD und der CSU. «Die Regierung muss jetzt

endlich zu Potte kommen», sagte er.

Der FDP-Rentenexperte Johannes Vogel sagte der dpa: «Die
Doppelverbeitragung war von Anfang ein Fehler.» Die Koalition sollte
aktuellen Handlungsspielräume dagegen nutzen. «Alles andere
untergräbt fortlaufend das Vertrauen in die Verlässlichkeit der
Politik und damit in die kapitalgedeckte betriebliche und private
Vorsorge insgesamt.»