Ermittlungen gegen Transplantationsmediziner: Haftbefehl aufgehoben

Essen (dpa) - Monatelang warf die Staatsanwaltschaft einem leitenden
Transplantationsmediziner der Uniklinik Essen Totschlag vor - nach
einem neuen Gutachten lassen die Ermittler diesen Vorwurf nun fallen.
Ein Haftbefehl, dessen Vollzug bereits ausgesetzt war, wurde jetzt
aufgehoben. Dies teilte die Staatsanwaltschaft Essen am Montag mit.

Auf der Grundlage eines neuen Gutachtens wird nun nicht mehr wegen
des Verdachts des Totschlags und der gefährlichen Körperverletzung
gegen den Mediziner ermittelt. Die Behörde hält ihn aber weiterhin
für verdächtig, gegen Dokumentations- und Mitteilungspflichten nach
dem Transplantationsgesetz verstoßen zu haben.

Die Ermittler hatten den Haftbefehl auf der Grundlage eines
Gutachtens beantragt. Der Direktor der Klinik für Allgemein-,
Viszeral- und Transplantationschirurgie sollte demnach dafür
verantwortlich sein, dass an sechs Patienten mutmaßlich medizinisch
nicht notwendige Lebertransplantationen vorgenommen wurden. Eine
dieser Transplantationen soll zum Tode des Patienten geführt haben.
Der Mediziner war Anfang September verhaftet worden. Der Haftbefehl
war einige Tage später unter Auflagen außer Vollzug gesetzt worden.

Nach dpa-Informationen waren jedoch noch offene Fragen zu klären, so
dass die Staatsanwaltschaft ein zweites Gutachten in Auftrag gab.
Dieses habe den sich aus dem ersten Gutachten ergebenden Verdacht in
Frage gestellt, hieß es am Montag. Der erste Gutachter habe erklärt,
dass Transplantationen medizinisch nicht angezeigt waren, weil
weniger riskante Behandlungsmethoden zur Verfügung gestanden hätten.

Der neue Gutachter lege bei der Abwägung der alternativen
Behandlungsmöglichkeiten und deren Risiken andere Kriterien zugrunde.
Er sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die fraglichen
Transplantationen medizinisch angezeigt gewesen seien.