Zehn Prozent mehr Pflege-Azubis geplant - Diskussion um Kosten

Pflegekräfte werden händeringend gesucht - daher sollen künftig mehr

Berufseinsteiger dafür begeistert werden. Aber wer finanziert das?

Berlin (dpa) - Im Kampf gegen die Personalnot in der Pflege setzt die
Bundesregierung darauf, deutlich mehr Auszubildende zu gewinnen. Bis
2023 soll die Zahl der Azubis und ausbildenden Einrichtungen im
Bundesschnitt um zehn Prozent im Vergleich zu diesem Jahr zulegen,
wie Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) am Montag in
Berlin sagte. Patientenschützer und Sozialverbände begrüßten das
Vorhaben, den oft belastenden Beruf attraktiver zu machen - warnten
aber zugleich vor steigenden Kosten für Pflegebedürftige und ihre
Angehörigen.

«Die Pflege ist ein digitalisierungssicherer Zukunftsberuf», sagte
Giffey. Die Bedingungen müssten aber dringend verbessert werden,
damit sich mehr junge Leute dafür entschieden und dabei blieben. Mit
Akteuren des Bereichs wurden nun 111 Maßnahmen festgehalten, darunter
eine Öffentlichkeitskampagne für den Pflegeberuf. Die Ministerin hob
zudem die Neuregelung der Pflegeausbildung ab 2020 hervor - dann soll
bundesweit kein Schulgeld mehr fällig werden, Azubis sollen vielmehr
Vergütungen bekommen. Geplant sind auch 5000 Weiterbildungsplätze,
wie Giffey im Kern bereits am vergangenen Freitag mitgeteilt hatte.

Die Zahl der Auszubildenden in der Altenpflege steigt bereits seit
einiger Zeit leicht an und lag zuletzt bei rund 68 000. Insgesamt
sind in der Pflege 38 000 Stellen unbesetzt. Giffey,
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Arbeitsminister Hubertus
Heil (SPD) stellten die «Ausbildungsoffensive» als erstes Ergebnis
einer im Sommer 2018 gestarteten «Konzertierten Aktion Pflege» der
Regierung vor. Ihr gehören Arbeitgeber und Gewerkschaften,
Wohlfahrtsverbände und Kirchen, Krankenkassen und Betroffenenverbände
an. Bis diesen Sommer sollen umfassende Vorschläge gegen die
Personalnot erarbeitet werden.

Der Sozialverband VdK forderte Klarheit über die Finanzierung einer
stärkeren Ausbildung. «Wichtig ist, dass die Kosten, die mit diesen
Verbesserungen einhergehen, nicht den Pflegebedürftigen und ihren
Familien aufgebürdet werden», sagte Präsidentin Verena Bentele der
dpa. Das Geld, um Altenpflegeberufe attraktiver zu machen, müsse aus
der Pflegeversicherung und aus Steuermitteln kommen.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte, ohne Zweifel müssten
Löhne und Ausbildungsplätze attraktiv werden. «Doch solange unklar
ist, wer die Kosten trägt, bleibt es bei schönen Versprechen», sagte

Vorstand Eugen Brysch. Heimbewohner könnten dies nicht auch noch
schultern. Sie zahlten bisher schon die Ausbildungskosten über eine
Umlage, und die Eigenanteile seien 2018 erneut gestiegen.

Laut einer Umfrage neigen derzeit nur relativ wenige Schüler der
Vorstellung zu, sich für einen Pflegeberuf zu entscheiden. Für sehr
wahrscheinlich halten dies nach eigenem Bekunden sechs Prozent, wie
eine Umfrage des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) ergab, das
von den privaten Krankenkassen getragen wird. Befragt wurden den
Angaben zufolge im November 1532 Schüler zwischen 14 und 18 Jahren.

Spahn und Heil machten deutlich, dass für eine bessere Bezahlung von
Pflegekräften auch mehr Beschäftigte von Tarifverträgen profitieren
sollen. Heil forderte erneut alle Altenpflege-Anbieter zur Gründung
eines Arbeitgeberverbands auf. Dieser solle mit den Gewerkschaften
einen Tarifvertrag aushandeln, den er dann für allgemeinverbindlich
erklären wolle. Die Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnten
vor Illusionen, das Problem allein durch ausländische Kräfte lösen zu

können. «Im Kern müssen wir als Gesellschaft unsere Hausaufgaben
selbst machen», sagte der GKV-Vorstand Gernot Kiefer der dpa.
Selbstverständlich seien qualifizierte Kräfte aber willkommen.