Wohlfahrtsverbände: Bürokratie bremst hilfreiche Gesetze aus

Theorie und Praxis sind oft zwei Paar Schuh. Das gilt auch für
Gesetze. Allzu oft trügen die der Realität vor Ort nicht Rechnung,
beklagen die bayerischen Wohlfahrtsverbände - mit Folgen für
drängende gesellschaftliche Probleme.

München (dpa/lby) - Gut gemeint, schlecht gelöst: Die Freie
Wohlfahrtspflege in Bayern kritisiert bürokratische Hürden etwa im
Bereich der Pflege oder der Integration. Die Vorgaben erschwerten die
Umsetzung an sich positiver Ansätze. «Die Politik macht Gesetze, aber
man muss das immer durchdenken bis unten und sehen: Was bedeutet das
in der Praxis?», sagte die neue Vorsitzende der
Landesarbeitsgemeinschaft, Brigitte Meyer, am Dienstag in München.

Zu sehen sei dies etwa am «Pflegepersonal-Stärkungsgesetz», das 13
000 zusätzliche Pflegekräfte für Altersheime bringen soll. Auch hier

stecke der Teufel im Detail, erläuterte Meyer. So bekämen die Heime
neue Mitarbeiter erst bei einer Einstellung nach dem 1. Januar
refinanziert - wer im Wissen um das neue Gesetz seine begehrten
Auszubildenden im September gar nicht erst gehen ließ, schaue nun in
die Röhre. Und dies vor dem Hintergrund, dass der Markt an
Fachkräften leergefegt sei. Für die Pflege gilt deshalb laut Meyer,
die auch Vizepräsidentin des Bayerischen Roten Kreuzes ist: «Jetzt
ist wirklich nicht mehr fünf vor zwölf, sondern fünf nach zwölf!»


Auch im Bereich der Integration gebe es viele Beispiele: So seien die
Hürden für Duldung bei Ausbildung oder Arbeit so hoch, dass kaum ein
Betroffener sie erfüllen könne, betonte Meyer. Oder es werde nicht
bedacht, dass Einrichtungen wie die oft außerhalb gelegenen
Ankerzentren Integration erschwerten und physische wie psychische
Krankheiten zur Folge haben könnten. Pflege, Integration und Ehrenamt
sind die Hauptthemen, die die Freie Wohlfahrtspflege heuer in den
Mittelpunkt stellen will. In der Landesarbeitsgemeinschaft sind die
großen, bekannten Wohlfahrtsverbände zusammengeschlossen.

Im vergangenen Jahr hatte sie das Thema «Armut im reichen Bayern» im
Fokus. Der turnusgemäß scheidende Vorsitzende Michael Bammessel
(Diakonie) zog ein gemischtes Fazit. «Es kann niemand mehr sagen,
Bayern hat da kein Problem.» Bedauerlich sei aber unter anderem, dass
im Koalitionsvertrag der neuen Staatsregierung «nur allgemeine
Absichtserklärungen stehen, aber keine konkreten Maßnahmen hinterlegt
sind».