Depressions- und Suizidrisiko - Hormonelle Verhütung mit Warnhinweis

Die Pille und andere hormonelle Verhütungsmethoden sind bei Frauen in
Deutschland weit verbreitet. Auf mögliche Folgen für die Psyche
sollen Anwenderinnen künftig verstärkt hingewiesen werden.

Bonn (dpa) - In Beipackzetteln von hormonellen Verhütungsmitteln wie
der Antibabypille soll künftig vor einem Suizidrisiko als Folge von
Depressionen gewarnt werden. Auf Empfehlung der Europäischen
Arzneimittel-Agentur (EMA) werde ein neuer entsprechender Warnhinweis
aufgenommen, teilten das Bundesinstitut für Arzneimittel- und
Medizinprodukte (BfArM) und mehrere Pharmafirmen am Montag in einem
vor allem an Ärzte und Apotheker gerichteten Schreiben mit.

Der sogenannte Rote-Hand-Brief beziehe sich auf alle hormonellen
Kontrazeptiva, erklärte ein BfArM-Sprecher auf Anfrage. Dazu werden
nicht nur die Pille, sondern zum Beispiel auch Hormonspirale und
-pflaster gezählt. «Die Änderungen der Fach- und Gebrauchsinformation

erfolgen derzeit», so der Institutssprecher weiter.

In Packungsbeilagen sollen Anwenderinnen darauf hingewiesen werden,
dass manche Frauen, die hormonelle Verhütungsmittel nehmen, von
Depression oder depressiver Verstimmung berichten, wie aus dem
Schreiben hervorgeht. Außerdem heißt es: «Depressionen können
schwerwiegend sein und gelegentlich zu Selbsttötungsgedanken führen.»


Zudem solle der Warnhinweis Apotheker und Ärzte sensibilisieren,
«ihre Patientinnen entsprechend aufzuklären, sowie die Patientin
informieren, ihren Arzt aufzusuchen, sobald Stimmungsänderungen und
depressive Symptome auftreten», heißt es in dem Schreiben.

Hintergrund der EMA-Empfehlung vom vergangenen Herbst ist eine
dänische Studie. Diese hatte gezeigt, dass eine hormonelle Verhütung
wohl mit einem erhöhten Suizidrisiko verbunden ist. Die Forscher um
Øjvind Lidegaard von der Universität Kopenhagen hatten Daten von
knapp 500 000 Frauen ausgewertet, von denen 6999 mindestens einen
Selbsttötungsversuch unternahmen und 71 Suizid begingen. Demnach
hatten Frauen, die hormonelle Verhütungsmittel nutzten, ein rund
doppelt so hohes Risiko für Suizidversuche und ein dreifach so hohes
Risiko für vollendeten Suizid.

Ob die Verhütungsmittel tatsächlich die Ursache für das höhere Risi
ko
sind oder eventuell auch andere Faktoren eine Rolle spielen, lässt
sich aus der im «American Journal of Psychiatry» veröffentlichten
Studie nicht ablesen.