Populismus aus dem Kloster: Steve Bannons neuer Plan Von Alvise Armellini, dpa

Mit seiner «Bewegung» in Brüssel will Trumps ehemaliger Chefstratege

Bannon Rechtspopulisten in Europa unterstützen. Jetzt plant er in
Italien sein nächstes Projekt: Eine «Gladiatorenschule für
Kulturkämpfer».

Collepardo (dpa) - Aus einem abgelegenen Kloster in den Bergen gut
100 Kilometer südöstlich von Rom will Steve Bannon Europa erobern.
Der ehemalige Chef-Stratege von US-Präsident Donald Trump habe die
Vision, die aus dem 13. Jahrhundert stammende Anlage von Trisulti in
Collepardo in eine Akademie umzubauen, sagt ihr Verwalter Benjamin
Harnwell. «Halb mittelalterlicher Universitätscampus, halb
Gladiatorenschule für Kulturkämpfer», solle die Bildungseinrichtung
zur «geistigen Heimat von Bannons Gedankengut» werden.

Harnwell ist Leiter des Dignitas Humanae Institute (DHI), einer
ultra-konservativen Einrichtung, die vergangenes Jahr eine
Ausschreibung der Regierung gewann, Trisulti für die kommenden 19
Jahre zu betreiben, für eine Jahresmiete von 100 000 Euro. Neben
Bannon unterstützen das DHI auch konservative Kritiker von Papst
Franziskus, wie etwa US-Kardinal Raymond Leo Burke. Laut Harnwell
richtet sich die Organisation aber nicht gegen den Papst.

Das DHI will in Trisulti eine sogenannte Akademie für den
jüdisch-christlichen Westen einrichten - als Bastion gegen die
vermeintliche Bedrohung Europas durch eine Masseneinwanderung aus
Afrika, eine fortschreitende Islamisierung und den Säkularismus. Auf
dem Lehrplan stehen Philosophie, Wirtschaftswissenschaften, Theologie
und Geschichte. Auch Bannon soll einen Kurs leiten - zum Umgang mit
den modernen Medien. Die Grundlage bilden die Ideen, die Bannon 2014
bei einer Rede an dem Institut darlegte.

Darin warnte er vor der Bedrohung durch einen «islamischen
Faschismus» und kritisierte die kapitalistische Vetternwirtschaft
sowie globale Eliten und einen starken Staat. Zugleich drückte er
seine Unterstützung für extrem rechte Parteien in Europa aus, lobte
die traditionelle Ehe und verurteilte Abtreibungen.

Harnwell ist Engländer. Vor 15 Jahren konvertierte er zum
Katholizismus. Unter anderem hat er am Europa-Parlament gearbeitet.
Er ist ein begeisterter Anhänger Bannons. Mit seinem zurückgekämmten

Haarschopf sieht er sogar ein bisschen aus wie sein Mentor. «Ich fand
ihn faszinierend: Als ich da saß und ihm zugehört habe, ist mir die
Kinnlade heruntergefallen», schildert Harnwell sein erstes Treffen
mit Bannon in Rom vor fünf Jahren. Inzwischen stehe er in täglichem
Kontakt mit ihm.

Wie Bannon vertritt auch Harnwell strittige Positionen: Die
Evolutionstheorie Darwins nennt er eine «monströse Philosophie», den

Klimawandel sieht er - gelinde gesagt - skeptisch. Den Gedanken, das
Leben könnte keinen göttlichen Ursprung haben, hält er für
fürchterlich.

Harnwell will die Akademie im Juni in Rom eröffnen und 2020 mit ihr
nach Trisulti umziehen. Das alte Kloster soll Platz für 250 bis 300
Studenten bieten, untergebracht in den ehemaligen Zellen der Mönche
oder in größeren Wohnheimen.

Der anvisierte Zeitplan bedeutet, dass die Akademie nicht vor der
Europawahl im Mai öffnen wird, die Bannon zu seinem unmittelbaren
Anliegen gemacht hat. Mit seiner in Brüssel basierten «Bewegung»
(«The Movement») will er dort den populistischen und
europaskeptischen Parteien helfen, damit sie die politische Ordnung
der Europäischen Union aufmischen. Trotzdem stehen die rechte Lega in
Italien oder die AfD der «Bewegung» misstrauisch gegenüber.

Die Akademie ist ein längerfristiges Projekt, das im Idealfall die
nächste Generation von Anti-Establishment-Politikern heranziehen
soll. Das Kloster wurde einst vom Orden des Heiligen Benedikt
geführt, dem Patron Europas. Mit seiner berühmten Apotheke galt
Trisulti in Italien einst als «die Harvard-Universität der
Kräutermedizin», wie Harnwell sagt. Hier wurde auch der Anis-Schnaps
Sambuca erfunden.

Für den Umbau gilt es, einige praktische Hürden zu überwinden: Der
Handy-Empfang ist schlecht, die Zimmer sind im Winter eiskalt und
Schnee kann die Straßen zum Kloster versperren. Wer für die
Renovierungskosten aufkommen wird, ist noch unklar. Der einzig
öffentlich bekannte Spender bislang ist Bannon.

Harnwell ist im vergangenen Juni ins Kloster gezogen. Außer ein oder
zwei Katzen leben hier noch der alte Abt und ein Koch, der zugleich
als Wächter und Gärtner fungiert. In seiner Freizeit lernt Harnwell
Bibelgriechisch, um das Neue Testament im Original lesen zu können.

Dafür, dass es Harnwell nicht langweilig wird, sorgen auch die Gegner
seines Projekts: Einwohner des nahe gelegenen Dorfes Collepardo
hatten sich über den beschränkten Zugang zu dem Kloster beschwert und
schließlich eine Ausnahme von der Einlassgebühr von 5 Euro erkämpft,

die Touristen inzwischen zahlen müssen.

Die Mitte-Links Aktivistin Daniela Bianchi organisierte zudem im
Dezember einen Protestmarsch mit 300 Teilnehmern gegen die
Bannon-Akademie. Sie versucht herauszufinden, ob sich der Mietvertrag
für das Kloster wieder auflösen lässt. Ihrer Meinung nach
widerspricht das Projekt dem «natürlichen Wesen des Ortes», der übe
r
Jahrhunderte für Pilger und Besucher zugänglich war.