Atombatterie im Herz?

Winzig und wartungsfrei: Nukleare Minibatterien sind in der Technik
vielseitig einsetzbar. Doch Wissenschaftler erwägen, die strahlenden
Energiequellen auch im menschlichen Körper zu verwenden.

Moskau (dpa) - Auf dem Weg zu medizinisch nutzbaren Atombatterien
haben russische Forscher nach eigenen Angaben einen wichtigen
technischen Fortschritt erzielt. Es gelang ihnen, eine mögliche
Energiequelle, das radioaktive Isotop Nickel-63, in einer
Gaszentrifuge auf mehr als 69 Prozent anzureichern. Das teilte der
staatliche russische Hersteller von Kernbrennstoffen TVEL in Moskau
kürzlich mit. Vom Grad der Anreicherung hängt die Lebensdauer der
Batterie ab. Noch 2019 solle in der Forschungsanlage in Selenogorsk
in Sibirien eine Anreicherung von über 80 Prozent erreicht werden.

Laut TVEL liegen kompakte Atombatterien mit einer Lebensdauer von bis
zu 50 Jahren derzeit im Trend im Instrumentenbau und in der
Funkelektronik.

Atomgetriebene Mikrobatterien eignen sich dort, wo winzige
Energiequellen über lange Zeit wartungsfrei funktionieren müssen. Als
Einsatzgebiete nannte die Rosatom-Tochter Weltraum-, Militär- oder
Industrieanlagen. Aber auch «Herzschrittmacher und andere
Biostimulatoren» könnten aus diesen Atombatterien versorgt werden.
Zum Vergleich: Der Hersteller Medtronic gibt auf seiner Webseite an,
dass die Batterien seiner Herzschrittmacher ungefähr fünf bis zehn
Jahre halten - je nachdem, wie häufig das Gerät aktiv werden muss.

Der Strom entsteht bei nuklearen Minibatterien nicht wie im
Atomkraftwerk infolge der Energieentwicklung einer Kernspaltung,
sondern aus dem natürlichen Zerfall künstlicher Radioisotope wie
Nickel-63 oder Tritium. An solchen Batterien arbeiteten
Forschungsgruppen in mehreren Ländern, teilte das Bundesamt für
Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter auf dpa-Anfrage mit. «Diese Art
der direkten Stromgewinnung aus radioaktivem Zerfall wird als
Betavoltaik bezeichnet.»

Nickel mit dem Elementsymbol Ni ist ein Metall. Das künstlich
hergestellte Isotop Ni-63 hat eine Halbwertzeit von 100 Jahren. Es
zerfalle in eine «sanfte Beta-Strahlung ohne schädliche
Gamma-Strahlung», teilte TVEL mit. Damit kommt es für den Einsatz in

der Medizin in Frage. Zum Abschirmen dieser Strahlen reiche «schon
eine einfache Plastikverpackung», sagte ein BfS-Sprecher.

Neu ist die Idee atomgetriebener Herzschrittmacher nicht. Mitte der
1970er Jahre seien einigen Patienten in den USA, aber auch in
Deutschland Batterien mit dem Isotop Promethium-147 eingepflanzt
worden, teilte das BfS mit. Dabei habe es aber Probleme bei der
Größe, der Lebensdauer und der Abschirmung gegen Strahlung gegeben.

Die US-Raumfahrtbehörde Nasa verwendet seit langem Atombatterien -
sogenannte RTGs (Radioiosotope Thermoelectric Generators) - als
Energiequelle für Anlagen im Weltraum. Dabei wird meist der sehr
starke Alphastrahler Plutonium-238 genutzt. Die Sowjetunion stattete
früher auch Leuchttürme und andere entlegene Anlagen mit RTGs aus.