Spahn stößt mit Plänen zu Fettabsaugen auf scharfen Protest

Berlin (dpa) - Millionen erkrankte Frauen sollen das Absaugen von
Körperfett nach dem Willen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn
(CDU) künftig von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt bekommen.
Die Pläne stießen aber umgehend auf scharfe Proteste. Denn Spahn will
den Weg dafür über eine Rechtsverordnung seines Ministeriums
freimachen - und nicht wie üblich durch eine Freigabe durch den
Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) von Ärzten, Krankenkassen und
Kliniken als höchstem Entscheidungsgremium des Gesundheitswesens.

Bis zu drei Millionen Frauen mit krankhaften Fettverteilungsstörungen
litten täglich darunter, dass die Krankenkassen ihre Therapie nicht
mehr bezahlten, sagte Spahn der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung»
(Freitag). «Ihnen wollen wir schnell und unbürokratisch helfen.»

Konkret strebt Spahn eine Gesetzesänderung an, wonach «in absoluten
Ausnahmefällen» das Ministerium per Rechtsverordnung Kassenleistungen
festlegen kann. Dabei werde der Weg über den G-BA grundsätzlich nicht

in Zweifel gezogen, machte ein Ministeriumssprecher am Freitag in
Berlin deutlich. Die Verordnungen müssten hohen Anforderungen an
Transparenz und Expertise genügen, sie könnten auch befristet werden.

In der großen Koalition löste der Vorstoß scharfen Widerspruch aus.
SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach lehnte ihn ab. «Wenn künftig die
Politik nach Gusto bestimmen würde, was bezahlt wird und was nicht,
würde das Vertrauen der Versicherten in den medizinischen Nutzen der
Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgehöhlt.» Es müsse

mehr wissenschaftliche Prüfung der Wirksamkeit geben, nicht weniger.
Unions-Fraktionsvize Georg Nüßlein (CSU) sagte der «Augsburger
Allgemeinen» (Samstag): «Derart pauschal eine Zusage für
Millionen Fälle zu machen, ist nicht in Ordnung.» Kosmetische
Eingriffe dürften nicht auf Kosten der Solidargemeinschaft gehen.

Der G-BA-Vorsitzende Josef Hecken kritisierte die Pläne ebenfalls
scharf. Damit wäre «der Weg in Beliebigkeit und Staatsmedizin»
programmiert. Per Verordnung könnten Methoden mit völlig ungeklärtem

Nutzen und Schaden nach Belieben und politischer Opportunität in den
Kassenkatalog gelangen. Es drohten eine «Methodenbewertung super
light» und ein «Schritt zurück ins medizinische Mittelalter».

Das Fettabsaugen soll nach Spahns Vorstellung voraussichtlich im
Herbst Kassenleistung sein. Die Änderungen dafür sollten an ein
laufendes Verfahren für ein Gesetz angehängt werden, das für
schnellere Arzttermine für Kassenpatienten sorgen soll.