Verbraucherschützer warnen vor digitaler Zwei-Klassen-Medizin

Berlin (dpa) - Die Verbraucherzentralen pochen auf hohen Datenschutz
und absolute Freiwilligkeit für die Patienten bei neuen digitalen
Angeboten im Gesundheitswesen. «Es darf nicht so sein, dass ich
gezwungen oder bestraft werde, wenn ich mich daran nicht beteilige»,
sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus
Müller, der Deutschen Presse-Agentur. Er verwies etwa auf fehlende
technische und finanzielle Mittel oder darauf, dass jemand sage, er
misstraue solchen Angeboten, und entscheide sich daher bewusst
dagegen. «Dann darf es keine Zwei-Klassen-Medizin auch beim Thema
E-Health geben.»

Es sei gut, wenn Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für
einheitliche, verbraucherfreundliche Standards und Fortschritt bei
einer stärkeren Digitalisierung sorge. «Jeder hat sich schon einmal
geärgert, für ein Rezept extra zum Arzt gehen zu müssen.» Über Ch
ats
oder Video-Anrufe könnten Einschätzungen vom Arzt möglich sein, ohne

persönlich vorsprechen zu müssen. Hilfreich sei auch, wenn man
Mehrfachuntersuchungen wie unnötiges Röntgen vermeiden und leichter
Klarheit über eingenommene Medikamente bekommen könne. Hierauf zielen
elektronische Patientenakten, die bis 2021 eingeführt werden sollen.

Entscheidend seien sauber definierte Standards, betonte Müller. «Hier
darf sich die Politik nicht wegdrücken, sie darf auch keine
Verantwortung an die falschen Stellen verlagern.» Zentral sei der
Schutz der Privatsphäre. «Gesundheitsdaten sind die sensibelsten
Daten, weil darüber über mich Informationen weitergegeben werden, die
ganz leicht missbraucht werden können.» Auch den Arbeitgeber gehe es
nichts an, welche Krankheiten jemand habe oder gehabt habe.

Digitale Angebote dürften dabei nicht davon abhängen, dass man
unbedingt ein Smartphone besitzen müsse, womöglich auch immer das
neueste. Man müsse über Alternativen nachdenken. Dies könne man auch

über andere Computerzugänge regeln, sagte der vzbv-Chef. Wichtig sei
zudem, dass Patienten verlässlich und einfach erkennen könnten,
welche Gesundheits-Apps geeignet und zuverlässig «und welche nur
Gimmicks und Spielereien» seien.