Kassenärzte für Manipulationsschutz bei digitalen Patientenakten

Wann kommen elektronische Gesundheitsakten, von denen Patienten
einmal profitieren sollen? Und welche Vorkehrungen sind für sensible
Informationen nötig? Mediziner warnen vor möglichen offenen Flanken.

Berlin (dpa) - Die Kassenärzte verlangen für künftige digitale
Patientenakten eine Sicherung gegen Manipulationen. «Es muss
gewährleistet werden, dass medizinische Daten stimmen und Befunde
nicht verfälscht werden - also dass ein Röntgenbild auch nach dem
dritten Mal Hin- und Herschicken noch so aussieht wie vorher», sagte
der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas
Gassen, der Deutschen Presse-Agentur. Zwingend sei eine sichere
Übertragung. Zudem werde jeder Patient für sich entscheiden müssen,
welche Daten er elektronisch verfügbar haben wolle und welche nicht.

Um einen Mehrwert zu erreichen, müssten digitale Akten für Ärzte gut

durchsuchbar sein, machte Gassen deutlich. «Heute kommen Patienten
mit einer Plastiktüte mit Röntgenbildern und Arztbriefen aus den
letzten 20 Jahren. Dann wühlt sich der Arzt da drei Stunden durch und
findet mit Glück einen relevanten Befund und nicht nur den vom
Armbruch als Kind.» Damit dies digital schneller gehe, brauche man
eine Art Indexierbarkeit, um sagen zu können: «Ich will die
Laborbefunde der letzten sechs Monate, und dann müssen die
identifizierbar herauspoppen.»

Die Bundesregierung strebt bis 2021 die Einführung elektronischer
Patientenakten an, die Versicherte freiwillig nutzen können. Auf eine
grundsätzliche Struktur haben sich Ärzte und Kassen inzwischen
verständigt. Vorgesehen sind drei Bereiche: einer mit medizinischen
Daten der Ärzte, einer mit Versicherten-Informationen der Kassen und
einer, in den Patienten selbst Daten einspeisen können.

«Was Patienten mit ihrer Akte machen, kann dann nicht mehr in der
Verantwortung des Arztes sein», sagte der KBV-Chef. «Das ist die
Hoheit des Patienten. Ob er es in den Tresor legt, bei Facebook
postet, oder beim Kegelabend mit seinen Freunden teilt, muss jeder
selbst entscheiden.»

Mit Blick auf die technische Sicherheit sagte Gassen: «Es sollte
Lösungen geben, dass die elektronische Akte vielleicht auf einem
Stick liegt, so dass man sicher sein kann, dass sie nicht
unfreiwillig ausgelesen wird.» Wenn Patienten entscheiden, dies auf
dem Smartphone haben zu wollen, müsse man klar sagen: «Das ist mit
einer Restunsicherheit verbunden. Das ist so wie beim
Online-Banking.» Wichtig sei, dies offen und ehrlich zu
kommunizieren, so dass davon niemand überrascht sei.

«Die Bedürfnisse der meisten Patienten nach einer elektronischen Akte
sind derzeit wohl noch eher überschaubar. Das wird künftig aber
sicher einer Rolle spielen - in welchem Umfang, muss sich zeigen»,
sagte Gassen. Generelle Voraussetzung für digitale Anwendungen sei,
dass überall leistungsfähige Internetverbindungen verfügbar sind.
«Das sind sie aber leider im Moment noch nicht.» Die Digitalisierung
allein sei auch kein Heilsbringer in Zeiten knapper werdender
Arztzeit. «Die Zeitersparnis dürfte überschaubar sein.»

Zurückhaltend äußerte sich Gassen zu Einsatzfeldern für künstlich
e
Intelligenz in Arztpraxen. Helfen könne sie etwa beim Auswerten
komplexer Laborbefunde. Bei allem, wo menschliche Wärme und Zuwendung
gefragt seien, sei dies aber ebenso wie Robotik keine erstrebenswerte
Variante. «Ich warne davor, eine künstliche Intelligenz Diagnosen
stellen zu lassen. Es wird ärztliche Sache bleiben, Dinge
zusammenzuführen und für die individuelle Patientensituation zu
werten.»