Darts-Manager von Moltke: «Acht Jahre hat uns keiner ernstgenommen» Interview: Patrick Reichardt, dpa

Bis Darts in Deutschland erfolgreich und populär wurde, verging viel
Zeit. Als ein Vater des Booms gilt Werner von Moltke. Er findet den
Wettbewerb mit den Pfeilen extrem spannend und sagt: «Darts ist 90
Minuten Elfmeterschießen.»

London (dpa) - Die Idee, den Darts-Sport in Deutschland groß zu
machen, kam Werner von Moltke einst in seinem Ski-Urlaub. Der heute
48-Jährige spricht im Interview der Deutschen Presse-Agentur über die
Anfänge, die Zukunftsaussichten und einen deutschen Star, den man
sich nicht backen kann.

Frage: Herr von Moltke, können Sie noch einmal den Ursprung der PDC
 
Europe skizzieren?

Antwort: Angefangen hat das letztendlich rund um Weihnachten 2005,
als ich im Skiurlaub vor dem Fernseher saß und mir Darts angesehen
habe. Ich habe mir irgendwie die Zeit vertrieben, und dann lief
Darts. Das habe ich gesehen, ein, zwei, drei Abende. Da dachte
ich: Mensch, das hat was. Dann habe ich mich entschlossen,
Phil Taylor mal zu einer Show nach München zu holen. Am 15. Apr
il
2006 haben wir ein Showturnier in München gemacht. Das war der
Startschuss, damals hatte ich noch gar keine Ahnung von PDC und BDO
(die beiden großen Weltverbände, d. Red.).

Frage: Wie entstand aus dem ersten Event mit «The Power» Taylor
später der Verband?

Antwort: Das Event lief gut. Kurze Zeit später hat Phil mich
eingeladen, und ich habe mich in England mit Barry Hearn, dem Chef
der PDC in England, getroffen. Dann fragte er mich: Werner, hast du
Lust, das in Deutschland anzugehen? In der Folge haben wir die German
Darts Cooperation gegründet. Am Anfang gab es nur Turniere für
Spieler, mit 50 bis 60 Boardanlagen, aber ohne Zuschauer. Da hatten
wir noch keine Bühne und gar nichts.

Frage: Was passierte, dass aus der GDC die heute so erfolgreiche
PDC Europe wurde?

Antwort: Wir haben das System umgestellt und wollten professioneller
werden. Das erste wirkliche TV-Turnier war dann die European Darts
Championships 2008 im Frankfurter Südbahnhof. Dort hatten wir am
ersten Abend 20 Zuschauer, waren aber live im englischen Fernsehen.
2010, als das Turnier erstmals im Düsseldorfer Maritim-Hotel
stattgefunden hat, hat das Flugzeug dann begonnen abzuheben.

Frage: Warum waren Sie von der Idee Darts so überzeugt, dass Sie so
viel Zeit dafür geopfert haben?

Antwort: Ich hatte einfach eine Grundüberzeugung. Eigentlich hatte
ich einen festen Job, doch ich habe alles Stehen und Liegen
lassen. Wie das so ist: Die Not macht erfinderisch, und dann
sind Sachen entstanden, die ich zunächst gar nicht machen wollte. Wir

haben unsere eigene Ticketing-Plattform aufgebaut, weil am Anfang
keiner unsere Tickets verkaufen wollte. Wir haben sie per Hand
verschickt damals. Heute ist das ein großer Vorteil: Die Fans kaufe
n
bei uns, wir können alles selbst steuern. Am Anfang hatten wir auch
keine Sponsoren. Die ersten acht Jahre hat uns im Prinzip keiner
ernstgenommen.

Frage: Was macht Darts so interessant für das Publikum?

Antwort: Darts ist 90 Minuten Elfmeterschießen. Es geht ständig hin

und her, das Spiel ist sehr leicht nachvollziehbar. American Football
hebt jetzt ja auch ab, aber das hat Jahrzehnte gedauert, weil es so
kompliziert ist. Darts ist sehr einfach. Jeder hat schon mal so eine
Scheibe gesehen, dazu ist der Fan ein Teil der Veranstaltung. Sie
geben dem Ganzen ein eigenes Flair, einen eigenen Charme. Die Spieler
sind eigene Charaktere. Das ist Hochleistungssport, was diese
Athleten auf der Bühne zeigen. Außerdem glaube ich, dass es noch ei
n
bisschen bodenständiger ist und ein Gegenentwurf zum Fußball, Tenni
s
oder Golf, wo manchmal schwierig zu fassende Sphären erreicht werden.

Frage: Wie würde sich ein erfolgreicher deutscher Spieler auf den
Darts-Hype auswirken?

Antwort: Sehr positiv, davon bin ich fest überzeugt. Am Anfang dach
te
ich, wir brauchen ganz schnell einen Deutschen wie damals Jan Ullrich
oder Michael Schumacher. Das ist aber gar nicht so leicht, du kannst
den nicht einfach so backen. (...) Wenn ein Deutscher wirklich eines
Tages Darts-Weltmeister wird, dann passiert hier etwas ganz
Verrücktes. Schön ist aber, dass wir auch davon nicht mehr abhängig

sind.

Frage: Die Spieler sagen, Darts ist zu 100 Prozent Sport. Was sagen

Sie als Verkäufer des Produkts dazu?

Antwort: 80 Prozent ist für mich Sport. Wenn ich gegen Sie Darts

spielen würde, dann könnten wir Musik machen und Bier verkaufen, wie
wir wollen, und es würde keiner anschauen. Je besser die Leistungen
werden, desto besser ist auch die Stimmung. Der Sport macht immer den
Großteil aus, das muss er auch. Der Rest ist quasi der sugar on top.

ZUR PERSON: Werner von Moltke, 48, ist Geschäftsführer
der PDC Europe. Er gründete Mitte 2006 die German Darts Corporati
on
(GDC), die Vorgänger-Organisation der PDC Europe.