CDU-Führung: Mit neuem Kurs zurück zur Geschlossenheit

Die neue CDU-Führung hat ein «hartes Stück Arbeit» vor sich, bis di
e
Partei nach den Querelen der vergangenen Monate wieder
zusammenfindet. Können die vielen Enttäuschten zurückgewonnen werden?


Berlin (dpa) - Mit einer Kursänderung will die neue CDU-Führung unter
Annegret Kramp-Karrenbauer das Profil der Partei schärfen und die
zerstrittenen Lager wieder zusammenführen. «Es wird ein hartes Stück

Arbeit, die Enttäuschungen sind da», sagte der neue
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak am Samstagabend den
ARD-«Tagesthemen». Es soll bereits einzelne Parteiaustritte
enttäuschter Anhänger des früheren Unionsfraktionschefs Friedrich
Merz geben. Dieser war Kramp-Karrenbauer in einer Kampfabstimmung
über den CDU-Vorsitz auf dem Parteitag in Hamburg knapp unterlegen.

Bereits am kommenden Mittwochabend gibt es dem Vernehmen nach einen
Koalitionsausschuss. Kramp-Karrenbauer kann dann in ihrer neuen
Funktion teilnehmen. Themen sind noch nicht bekannt, aber es dürfte
auch darum gehen, wie in der neuen Konstellation weitergearbeitet
werden soll.

CSU-Chef Horst Seehofer erwartet nach der Wahl von Kramp-Karrenbauer
einen Aufschwung für die Konservativen. «Ich bin mir sicher, dass die
Union mit ihr wieder Wahlergebnisse über 40 Prozent erzielen kann»,
sagte Seehofer der «Bild am Sonntag». Die CSU werde mit ihr gut
zusammenarbeiten.

Im «Sonntagstrend» des Emnid-Instituts für die «Bild am Sonntag»

legte die Union einen Prozentpunkt im Vergleich zur Vorwoche zu und
kommt jetzt auf 29 Prozent. Die AfD verliert dagegen einen
Prozentpunkt auf 14 Prozent. Unverändert bleiben die Werte von Grünen
(19 Prozent), SPD (15), FDP und Linken (je 9).

Ziemiak bekräftigte am Sonntag im Deutschlandfunk, es werde einen
«neuen Kurs» und eine «neue Diskussionskultur» in der Partei geben.

Die CDU müsse ihr Profil schärfen und in vielen Fragen eindeutiger
Position beziehen. Die Christdemokraten müssten klarmachen, wofür sie
stünden. Es gebe viele Menschen, «die uns gerne wählen würden, wenn

sie ein klares Profil sehen würden».

Er habe von Parteiaustritten einzelner Mitglieder gehört, sagte
Ziemiak. Es werde ein «hartes Stück Arbeit, diese Partei
zusammenzuhalten und diejenigen auch wieder zu motivieren, die sich
etwas anderes gewünscht haben». Merz müsse weiter eine wichtige Rolle

in der CDU spielen: «Friedrich Merz ist eine der wichtigsten Figuren
dieser Partei.»

Kramp-Karrenbauer rief ihre unterlegenen Mitbewerber Merz und Jens
Spahn auf, eine Spaltung der Partei zu verhindern. «Wir drei
Kandidaten waren uns immer einig, dass jeder von uns Verantwortung
dafür trägt, dass die Partei nach dieser Entscheidung zusammenhält.
»
Kramp-Karrenbauer und Merz wollen sich in den nächsten Tagen
zusammensetzen, um über eine weitere Zusammenarbeit zu sprechen. Merz
hatte auf dem Parteitag deutlich gemacht, dass er weiter mitarbeiten
wolle. Er strebte aber bei den Wahlen keine Funktion in der
Parteiführung an.

Ziemiak forderte, die 2016 beim Parteitag in Essen getroffene
Entscheidung zur doppelten Staatsbürgerschaft müsse im nächsten
CDU-Regierungsprogramm stehen. Kanzlerin Angela Merkel hatte damals
trotz des gegenteiligen Votums des Parteitags an der doppelten
Staatsbürgerschaft festgehalten. Demnach können in Deutschland
geborene Kinder neben der deutschen auch die Staatsbürgerschaft ihrer
Eltern behalten, wenn diese einen ausländischen Pass haben.

Kramp-Karrenbauer betonte in der ARD, Merkel «dort, wo es im
Interesse der Partei notwendig ist», Paroli bieten zu wollen. Zudem
hatte sie angekündigt, die Flüchtlingskrise aus dem Herbst 2015
parteiintern im Januar noch mal diskutieren zu wollen - aber nur noch
dieses eine Mal.

Der Vorschlag der neuen CDU-Chefin, Ziemiak zum Generalsekretär zu
machen, kam überraschend. Ziemiak, der bisher Vorsitzender der
CDU/CSU-Nachwuchsorganisation Junge Union ist, diesen Job aber nun
aufgeben muss, zählt zum konservativen Lager in der Partei, und stand
auch während des Wettkampfes im Lager der konservativen Gegner
Kramp-Karrenbauers, Merz und Spahn. Gesundheitsminister Spahn war bei
der Wahl zum Parteivorsitz bereits in der ersten Runde ausgeschieden,
wurde danach aber im Präsidium gewählt.

Für den 33-Jährigen Ziemiak gab es am Samstag beim Parteitag dann
gleich einen Dämpfer: Nur knapp 63 Prozent der Delegierten gaben dem
Sauerländer ihre Stimme. «Ich danke Euch für dieses ehrliche
Ergebnis», kommentierte er. Kramp-Karrenbauer sagte, Ziemiak könne
der CDU auf diesem Posten, den er direkt von ihr übernimmt, helfen,
wieder mehr junge Menschen zum Eintritt in die Partei zu bewegen. Mit
der Personalie versucht sie offensichtlich, die konservativen
Kritiker der Politik der bisherigen Vorsitzenden Angela Merkel und
die Jungen in der Partei zu gewinnen.

Ziemiak sagte, es gebe «wahrscheinlich einige Punkte», bei denen er
mit Kramp-Karrenbauer inhaltlich auseinander liege. Aber das sei für
die Partei «völlig gut». Er fügte hinzu: «Wir haben drei Wurzeln,
die
christlich-soziale, die liberale und die konservative. Und ich finde,
es schadet nicht, wenn diese konservative Wurzel deutlich wird.»