CDU wählt JU-Chef Ziemiak zum Generalsekretär - Soli weg für alle

Mit Paul Ziemiak holt Kramp-Karrenbauer einen jungen Konservativen
als Generalsekretär. Doch so richtig zündet die erste Personalie der
neuen Parteichefin nicht.

Hamburg (dpa) - Die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer
hat ihre erste wichtige Personalentscheidung getroffen: Paul Ziemiak,
konservativer Chef der Unions-Nachwuchsorganisation Junge Union, wird
Generalsekretär an der Seite der neuen Chefin. Mit Beschlüssen zum
Reizthema Windkraft und zum Soli grenzt sich die CDU am Samstag auf
ihrem Bundesparteitag in Hamburg vom Koalitionspartner SPD ab.

Für den 33-jährigen Ziemiak gab es erst einmal einen Dämpfer: Nur
knapp 63 Prozent der Delegierten gaben dem in Polen geborenen
Sauerländer ihre Stimme. Das mäßige Ergebnis zeigt auch die Gräben
in
der Partei, die durch den intensiven Wettbewerb um den Vorsitz
entstanden sind. «Ich danke Euch für dieses ehrliche Ergebnis»,
kommentierte Ziemiak.

Die CDU will den Solidaritätszuschlag bis Ende 2021 für alle
abschaffen und Beitragszahlungen zur Kranken- und Pflegeversicherung,
die auf die private Altersvorsorge erhoben werden, neu regeln. Die
Delegierten stimmten entsprechenden Anträgen mit großer Mehrheit zu -
im Falle der Altersvorsorge nach emotionaler Debatte und gegen die
Empfehlung der Antragskommission. Sie hatte vorgeschlagen, die Sache
zur Prüfung an die Bundestagsfraktion zu überweisen.

Gefordert wird, dass für die private Altersvorsorge in der
Auszahlungsphase nicht mehr doppelt Kranken- und
Pflegeversicherungsbeiträge geleistet werden müssen. Der
Koalitionsvertrag von Union und SPD sieht vor, dass der Soli von 2021
an für 90 Prozent der Steuerpflichtigen abgeschafft wird. Die
reichsten zehn Prozent sollen aber weiter zur Kasse gebeten werden.

Die CDU will zudem die Privilegierung für Windkraftanlagen im
Baurecht abschaffen. Die Delegierten forderten Unionsfraktion und
Bundesregierung auf, dafür zu sorgen, dass die Kommunen mehr
Mitspracherecht haben, wenn es um die Genehmigung neuer Anlagen geht.

Die CDU verlangte für Besitzer von Diesel-Fahrzeugen, die in Städten
mit hoher Stickoxidbelastung leben, einen Ausgleich für ihre
«Mobilitätseinschränkung» und für den Wertverlust, der ihnen durc
h
Abgas-Betrug und Fahrverbote entsteht. Die Automobilindustrie solle
sich zu Hardware-Nachrüstungen für Diesel-Fahrzeuge verpflichten -
«soweit dies technisch realisierbar ist».

Kramp-Karrenbauer, die bis zu ihrer Wahl zur Parteivorsitzenden
Generalsekretärin war, sagte, Ziemiak könne der CDU helfen, wieder
mehr junge Menschen zum Eintritt in die Partei zu bewegen. Mit dem
Wechsel muss Ziemiak das Amt des JU-Chefs abgeben. Kramp-Karrenbauer
widersprach der Darstellung, nach der Kampfkandidatur um den
Parteivorsitz gebe es tiefe Risse in der CDU: «Nein, die Partei ist
nicht gespalten.»

Ziemiak forderte eine Erneuerung der Partei «mit einem klaren Kurs
und einer klaren Sprache. Wir müssen die Partei des Rechtsstaats
sein». Nach eigenen Angaben hatte Kramp-Karrenbauer Ziemiak bereits
früh gefragt, ob er unter ihr Generalsekretär werden wolle. Aus
Loyalität zu den anderen beiden Bewerbern, die wie Ziemiak aus NRW
kommen, habe er aber zunächst abgesagt. «Am Rande der Tanzfläche» d
es
Delegiertenabends habe sie ihn am Freitag aber noch einmal
angesprochen und dann auch überzeugt.

Die frühere saarländische Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer hatte

sich am Vortag mit knapper Mehrheit in einer Stichwahl gegen
Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz durchgesetzt und so die
Nachfolge von Kanzlerin Angela Merkel als CDU-Vorsitzende angetreten.
Ziemiak gilt als Vertrauter von Gesundheitsminister Jens Spahn - der
sich ebenfalls um den Parteivorsitz beworben hatte, am Freitag aber
im ersten Wahlgang ausgeschieden war.

Eine Geste der Geschlossenheit kam in Hamburg aus der CSU. In den
vergangenen Monaten habe im Verhältnis der Unionsschwestern
streckenweise der Wille zum Konsens gefehlt. «Auch meine Partei hat
sich dabei nicht immer günstig verhalten», sagte der
CSU-Europapolitiker Manfred Weber in einem Grußwort. Das werde in den
kommenden Jahren so nicht mehr vorkommen, die CSU wolle
«vertragstreu» sein.

Kramp-Karrenbauer bekräftigte am Freitagabend in der ARD-Sendung
«Farbe bekennen» ihren grundsätzlichen Anspruch auf die
Kanzlerkandidatur. «Das ist ein Anspruch, der mit dem Parteivorsitz
einhergeht. Wenn man sich um diesen Parteivorsitz bewirbt, dann muss
man sich natürlich auch mit der Frage einer möglichen
Kanzlerkandidatur auseinandersetzen. Und wenn man das für sich
persönlich nicht will oder das für sich persönlich vor vorneherein
ausschließt, dann darf man sich auch nicht um den Partvorsitz
bewerben.»