CDU entscheidet über Merkel-Nachfolge an der Parteispitze

Nach wochenlangem Wahlkampf und acht Regionalkonferenzen kommt es zum
Showdown: 1001 Delegierte entscheiden, wer Angela Merkel an der
Parteispitze ablöst. Die Wunschkandidatin der Kanzlerin oder ihr
alter Gegenspieler?

Hamburg (dpa) - Das Ende einer Ära und ein Neubeginn: An diesem
Freitag will die CDU auf einem Bundesparteitag in Hamburg ihren neuen
Vorsitzenden oder ihre neue Vorsitzende wählen - nach mehr als 18
Jahren Angela Merkel an der Spitze. Zur Wahl stehen Generalsekretärin
Annegret Kramp-Karrenbauer, der frühere Unionsfraktionschef Friedrich
Merz und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, wobei letzterer als
chancenlos gilt. Auf dem Parteitag können aber auch noch weitere
Kandidaten vorgeschlagen werden.

Erstmals seit 1971 entscheiden die CDU-Delegierten bei der Wahl ihres
Vorsitzenden zwischen mehreren Kandidaten. Die Noch-Parteichefin
begrüßte den Wettbewerb: «Das ist Demokratie pur, wenn Auswahl
besteht», sagte Merkel bei einem Hallenrundgang am Donnerstag. Merkel
wird zwar den CDU-Vorsitz abgeben, aber weiter Kanzlerin bleiben.

Viele in der Union erwarten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Merz und
Kramp-Karrenbauer, möglicherweise eine Stichwahl. Fraktionschef Ralph
Brinkhaus erklärte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin, er könne
keinen klaren Favoriten ausmachen. «Es wird ein ganz knappes Rennen.
Es wird mitentscheidend sein, wer die Gunst der Stunde auf dem
Parteitag am besten für sich nutzen kann. Die letzten Meter in dem
Rennen werden entscheiden.»

SPD-Chefin Andrea Nahles zeigte sich zuversichtlich, dass die
Bundesregierung aus SPD und Union ungeachtet der Wahl einer neuen
CDU-Führung nicht in eine weitere Krise rutschen wird. In den
vergangenen Wochen sei die Stimmung in der großen Koalition gut
gewesen, nach ihrem Eindruck hätten sich alle sehr um eine
konstruktive Zusammenarbeit bemüht, sagte Nahles am Donnerstagabend
in Bremen.

Die Stimmung zwischen den beiden Top-Kandidaten hatte sich kurz vor
dem Parteitag spürbar verschärft. Indem Bundestagspräsident Wolfgang

Schäuble eine direkte Wahlempfehlung für seinen Vertrauten Merz
abgegeben hat, habe er «den Damm gebrochen», kommentierte Peter
Altmaier. Der als Merkel-Unterstützer bekannte Wirtschaftsminister
outete sich am Donnerstag denn auch selbst als Fan von
Kramp-Karrenbauer.

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen äußerte sich
«verblüfft» über die Positionierung Schäubles. Sie habe in den
vergangenen Jahren erlebt, wie Schäuble Jens Spahn gefördert habe und
«in hohem Maße beeindruckt» gewesen sei von den Leistungen Annegret
Kramp-Karrenbauers, sagte sie im ZDF-Magazin «mayvritt illner» am
Donnerstagabend. Aber: «Er hat sich so entschieden.» Sie selber
wollte sich nicht äußern, wen sie favorisiere.

Neben dem Vorsitzenden, den fünf Stellvertretern, dem Schatzmeister
und fünf weiteren Präsidiumsmitgliedern werden in Hamburg auch 26
Mitglieder des Bundesvorstands sowie 19 Beisitzer gewählt.
CDU-Bundesgeschäftsführer Klaus Schüler erklärte, die Wahl der
gesamten Parteispitze könne schon am Freitag, dem ersten Tag des
Kongresses, abgeschlossen werden. Offen ist, ob die 1001 Delegierten
auch schon einen neuen Generalsekretär wählen werden. Das entscheidet
der neue Parteichef. Aber:

Außerdem soll der Parteitag nach dem Willen des Bundesvorstands einen
Beschluss zum umstrittenen UN-Migrationspakt fassen. Wie der
Vorsitzende der Antragskommission, Thomas de Maizière, sagte, steht
ein entsprechender Antrag zur Diskussion und Verabschiedung an.
Darüber hinaus soll unter anderem über Anträge des Vorstandes zur
Reform der sozialen Marktwirtschaft beraten werden. Es werden mehr
als 1600 Journalisten aus aller Welt erwartet.

In der Wählergunst legte die CDU kurz vor dem Parteitag deutlich zu.
Im neuen ARD-Deutschlandtrend gewannen CDU und CSU vier Prozentpunkte
hinzu und kamen somit auf 30 Prozent. In der Umfrage sprachen sich 45
Prozent der befragten Wähler für Kramp-Karrenbauer aus, 30 Prozent
für Merz und 10 Prozent für Spahn. Für den Parteitag ist diese
Erhebung allerdings nicht direkt relevant, da dort nur die
Delegierten abstimmen dürfen.