Wettstreit um CDU-Vorsitz: Kandidaten zeigen viele Gemeinsamkeiten

Eine Woche noch - dann entscheidet ein Parteitag über die Nachfolge
von Merkel an der CDU-Spitze. Auch bei der letzten von acht
Regionalkonferenzen verzichteten Kramp-Karrenbauer, Merz und Spahn
auf verbalen Schlagabtausch.

Berlin (dpa) - Kriminalität besser bekämpfen, Grundwerte verteidigen,
Mittelschicht entlasten: Im Wettstreit um den CDU-Vorsitz haben die
drei aussichtsreichsten Kandidaten am Freitag in Berlin zum Abschluss
ihrer Vorstellungstour vor der Basis viele Gemeinsamkeiten
demonstriert. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer,
Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz und Gesundheitsminister Jens
Spahn bekräftigten eine Woche vor dem entscheidenden Parteitag in
Hamburg, die Partei zurück zu alter Stärke führen zu wollen.

Merz und Kramp-Karrenbauer werden die besten Chancen auf die
Nachfolge von Angela Merkel eingeräumt. Merkel hatte auch unter dem
Druck von Wahlschlappen angekündigt, nach 18 Jahren im Amt nicht
wieder als Vorsitzende zu kandidieren. Sie will aber bis zum Ende der
Legislaturperiode Kanzlerin bleiben.

Merz versicherte Merkel im Falle seiner Wahl zum Parteichef seine
Loyalität. «Natürlich» ginge das gut mit ihm als Parteichef und
Merkel als Kanzlerin, sagte er in Berlin bei der letzten von acht
Regionalkonferenzen.

Merkel sei gewählt, die Union habe einen Koalitionsvertrag mit der
SPD abgeschlossen. «Wir als CDU sind vertragstreu.» Für die Partei
gelte: «Erst das Land, dann die Partei», sagte Merz. Er werde im
Falle seiner Wahl zum Parteivorsitzenden die Regierung mit voller
Loyalität unterstützen. Merz war 2002 von Merkel von der Spitze der
Unionsfraktion verdrängt worden.

Kramp-Karrenbauer rief die CDU dazu auf, sich weniger an den anderen
Parteien abzuarbeiten und sich mehr auf die eigenen Stärken zu
besinnen. Natürlich gehöre es dazu, auch «den SPDlern oder den Grün
en
mal einen einzuschenken», sagte sie: «Aber eine wirklich gute und
große und attraktive Partei sind wir nur dann, wenn wir
Begeisterungsstürme auslösen für unsere eigenen Ideen.»

Die CDU habe solche Ideen und kein Erkenntnisproblem, betonte
Kramp-Karrenbauer. «Wir wissen, was wir machen müssten, könnten und
sollten.» Die CDU müsse es jetzt aber auch machen. «Darauf warten die

Menschen in unserem Land.» Nötig seien etwa fairer Handel, Forschung,
Strategien gegen Fachkräftemangel, zu viel Bürokratie und hohe Kosten
in der Wirtschaft.

Kramp-Karrenbauer sagte, sie habe bereits sehr konkret Vorstellungen
darüber, wen sie bei einer Wahl zur Parteichefin für das
Generalsekretärs-Amt vorschlage. Ähnlich äußerte sich Merz, der
andeutete, seine Wahl würde dann auf eine Frau fallen.

Spahn sagte, es werde nach der Wahl zum Vorsitz Enttäuschte gebe, die
mit vielen Emotionen für ihren Kandidaten geworben hätten. «Und ich
glaube schon, dass der/die neue Parteivorsitzende die Frage, wie man
das integriert und das ein Stückweit auffängt, bei der Entscheidung
über den Generalsekretär/die Generalsekretärin mit berücksichtigen

sollte.»

Spahn forderte den völligen Abbau des Solidaritätszuschlages. Es sei
wichtig, dass diejenigen steuerlich entlastet würden, «die den Laden
am Laufen halten», sagte der Gesundheitsminister. «Der Soli wurde
eingeführt, da war ich neun.» Er gehöre jetzt abgeschafft. Dafür tr
at
auch Merz ein. Vereinbart hat die Koalition, den Soli für 90 Prozent
derer abzuschaffen, die ihn heute zahlen müssen.

Mit einem leichten Seitenhieb auf Merz sagte Spahn: «AfD halbieren,
passiert nicht dadurch, dass wir es sagen.» Merz hatte wiederholt
versichert, dass er die AfD in ihren Wahlergebnissen halbieren werde.

Spahn wie auch die anderen beiden Bewerber betonten die Grundwerte
der CDU. Der Gesundheitsminister sagte, er wolle 2040 in einem Land
leben, das zu seinen christlich-abendländischen Werten stehe. Diese
Werte dürften nicht aus falsch verstandener Toleranz relativiert
werden.

Spahn plädierte außerdem für mehr Geld und bessere Ausrüstung für
die
Bundeswehr. Er ging dabei auch auf die Panne des Regierungsflugzeugs
mit Kanzlerin Merkel auf dem Weg zum G20-Gipfel in Buenos Aires ein.
«Das, was bei der Flugbereitschaft los ist, kann sich ein Land wie
unseres nicht erlauben.»

Die drei aussichtsreichsten Kandidaten sprachen sich außerdem dafür
aus, Kriminalität stärker zu bekämpfen. «Die CDU muss ohne jeden
Zweifel die Partei der Inneren Sicherheit in Deutschland sein», sagte
Merz. Sie könne nicht zulassen, dass Clans «ganze Straßenzüge» in

Berlin beherrschten, dass Bürger sich nicht mehr in bestimmte
Straßenviertel trauten.

«Das ist organisierte Kriminalität in Reinkultur», sagte
Kramp-Karrenbauer. «Man muss sie auch als solche behandeln.» Dazu
gehörten mehr verdeckte Ermittlungsmöglichkeiten, der «Durchgriff»

der Polizei und mehr Präsenz auf der Straße. Wie Kramp-Karrenbauer
forderte auch Spahn eine konsequente Abschöpfung von kriminell
erworbenem Vermögen. «Wenn der Mercedes irgendwann leichter weg ist,
ist das ein klares Signal an das Clanmitglied.»

Auch in der Europapolitik waren sich die drei Kandidaten in zentralen
Fragen einig. Sie warnten vor einem zu harten Kurs gegenüber Polen
und Ungarn. Beide Staaten stehen vor allem wegen ihres Kurses in der
Rechtsstaatlichkeit in der Kritik. Merz sagte, Deutschland müsse
alles dafür tun, dass Polen und Ungarn in der EU blieben. Er warnte
auch vor einem Rausschmiss der Partei Fidesz des umstrittenen
ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán aus der Europäischen
Volkspartei.