Falsch abgerechnet: Ermittlungen gegen Pfleger und Ärzte nehmen zu

Helfen, Versorgen und Behandeln sind eigentlich ihre Aufgaben - doch
einige Ärzte, Apotheker und Pflegedienste bereichern sich mit
falschen Abrechnungen selbst. Bayerische Ermittler haben immer mehr
Verfahren eingeleitet und klagen auch Patienten vor Gericht an.

München (dpa/lby) - Wegen Abrechnungsbetrugs haben die
Staatsanwaltschaften München I und Nürnberg-Fürth in den vergangenen

zwei Jahren immer mehr Ermittlungsverfahren gegen Ärzte, Apotheker
und Pflegedienste eingeleitet. Derzeit gebe es in Oberbayern,
Schwaben und in Teilen von Niederbayern 188 offene Verfahren, sagte
der zuständige Münchner Oberstaatsanwalt Richard Findl am Donnerstag.
Anfang 2017 seien es etwas mehr als 80 Verfahren gewesen. Allein
gegen Ärzte und Apotheker gibt es Findl zufolge aktuell 117
Verfahren. Bei Pflegediensten seien es 42 Ermittlungsverfahren.

In Mittelfranken, der Oberpfalz und in Teilen Niederbayerns sind
derzeit 52 Verfahren offen, wie eine Sprecherin der
Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth auf Anfrage mitteilte. Anfang 2017
seien es 10 Fälle gewesen. Etwa ein Viertel der Beschuldigten seien
Verantwortliche von Pflegediensten. Bei der dritten
Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Hof lagen keine Zahlen vor.

Der Vorwurf der Ermittler: Die Beschuldigten reichten bei den
Versicherungen über mehrere Jahre hinweg Rechnungen ein, ohne die
aufgelisteten Leistungen jemals erbracht zu haben. Außerdem hätten
Pflegedienstleister unzureichend qualifiziertes Personal eingesetzt
und trotzdem die Kosten für das nötige Fachpersonal berechnet.

Das Abrechnungssystem in Deutschland für medizinische Leistungen sei
sehr komplex, sagte Oberstaatsanwalt Findl. So sehen gesetzlich
Versicherte die Rechnungen für ihre Behandlungen nur in sehr seltenen
Fällen und Krankenkassen sehen dagegen nur die Kosten, aber nicht die
eigentliche Behandlung. Die Schwächen dieses Systems nutzten manche
Mediziner, Pfleger und Apotheker - sowie Physiotherapeuten - aus.

Auch Patienten hätten sich am gewerbsmäßigen Betrug beteiligt. In
einem Fall, den die Münchner Staatsanwälte schilderten, hatten sich
ein Masseur und eine Ärztin ein Modell zum Betrug ausgedacht. Sie
schrieben Bekannten zahlreiche Rechnungen für Leistungen - ohne diese
als Patienten behandelt zu haben. Die angeblichen Patienten ließen
sich die Kosten dann von ihrer privaten Versicherung erstatten. Den
Gewinn teilten sie mit dem Masseur und der Ärztin.

Mehr als 20 Jahre hatten sie so rund 1,5 Millionen Euro umgesetzt,
wie die Ermittler erklärten. Gegen zahlreiche falsche Patienten
wurden inzwischen Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren erlassen -
die Ärztin und der Masseur warten noch auf ihren Prozess.