Merz erwartet von Muslimen Bekenntnis zu deutscher Rechtsordnung

Am 7. Dezember entscheidet die CDU auf einem Parteitag, wer Angela
Merkel im Vorsitz nachfolgt. Bis dahin setzen die drei Kandidaten
alles daran, sich an der Basis zu profilieren. Friedrich Merz
versucht es einmal mehr mit dem Aufregerthema Ausländerpolitik.

Berlin/Düsseldorf (dpa) - Der Kandidat für den CDU-Vorsitz, Friedrich
Merz, erwartet von den rund 4,5 Millionen Muslimen hierzulande ein
bedingungsloses Bekenntnis zur deutschen Rechtsordnung. Sie müssten
das hiesige Recht ohne Einschränkungen akzeptieren, sagte der
Ex-Unionsfraktionschef am Mittwochabend in Düsseldorf auf einer
CDU-Regionalkonferenz, wo sich die drei aussichtsreichsten Kandidaten
vorstellten. «Es gibt hier kein Scharia-Recht auf deutschem Boden»,
betonte er. Zwar gelte die Religionsfreiheit auch für Muslime. Aber
für sie gelte auch das gesamte übrige säkulare Recht dieses Staates -

«und zwar ohne jede Einschränkung».

Merz forderte überdies eine bessere staatliche Aufsicht über die
Koranschulen. «Es geht nicht, dass unsere Kinder in den staatlichen
Schulen unterrichtet und in den Koranschulen indoktriniert werden.»

Der 63-jährige Merz wurde schon nach seiner Rede in der
Vorstellungsrunde von knapp der Hälfte der rund 3800 CDU-Mitglieder
stehend beklatscht. Seine Konkurrenten, CDU-Generalsekretärin
Annegret Kramp-Karrenbauer (56) und Gesundheitsminister Jens Spahn
(38), bekamen freundlichen Beifall, aber keine «standing ovations».

Kramp-Karrenbauer sagte, wenn man in Deutschland keine Koranschulen
wolle, müsse man ein staatliches Angebot für muslimischen Unterricht
auf Deutsch machen. Auch müssten nach dem Vorbild NRW muslimische
Religionslehrer auf Deutsch ausgebildet werden.

Spahn forderte, dass Moscheen in Deutschland nicht mehr aus dem
Ausland finanziert werden sollen. «Wir wollen, dass Bundespräsident
Steinmeier Moscheen eröffnet, nicht der türkische Präsident Erdogan.
»
Recep Tayyip Erdogan hatte Ende September im Rahmen eines
Staatsbesuchs die Ditib-Zentralmoschee in Köln eröffnet.

Mit einer kontroversen Debatte über ausländische Einflüsse in
deutschen Moscheen war am Mittwoch auch die 4. Deutsche
Islam-Konferenz (DIK) gestartet. Begleitet wurde die
Auftaktveranstaltung in Berlin von einem heftigen Schlagabtausch
zwischen konservativen und liberalen Muslimen. Auch
Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte die islamischen Gemeinden in
Deutschland aufgefordert, sich schrittweise von ausländischen
Geldgebern frei zu machen.

Merz und Spahn kommen beide aus NRW. Der größte CDU-Landesverband
stellt fast ein Drittel der rund 1000 Delegierten für den
entscheidenden Bundesparteitag Ende nächster Woche. Angela Merkel
gibt nach 18 Jahren den CDU-Vorsitz ab, will aber weiter Kanzlerin
bleiben.

Spahn, Kramp-Karrenbauer und Merz stellen sich an diesem Donnerstag
bei der vorletzten Regionalkonferenz (ab 18.00 Uhr) den Mitgliedern
aus Bremen und Niedersachsen vor. In Bremen werden rund 1000
CDU-Mitglieder erwartet. Die letzte der insgesamt acht
Regionalkonferenzen ist am Freitag in Berlin.

Merz, der schon früher für eine deutsche Leitkultur geworben hatte,
sagte, die CDU sei die Partei mit einem «gesunden und maßvollen
Patriotismus». Er fügte hinzu: «Wir sagen Ja zu Deutschland und auch

zu deutschen nationalen Interessen, nicht im Sinne eines
übersteigerten Nationalismus.» Spahn warb für einen «gesunden
Patriotismus, der einlädt. Nicht einer, der ausgrenzt».

Kramp-Karrenbauer gab als Ziel aus, die Union als Vorsitzende wieder
zu Wahlergebnissen von 40 Prozent zu führen. «An der Hürde werden wir

uns messen lassen.» Die Union hatte mit Merkel an der Spitze bei der
Bundestagswahl vor über einem Jahr nur 32,9 Prozent erreicht - und
damit das zweitschlechteste Ergebnis seit 1949. Derzeit liegt die
Union in Umfragen bei rund 26 Prozent.

Merz bekräftigte, der Abwärtstrend der CDU müsse gestoppt und
umgekehrt werden. Hintergrund der Talfahrt sei, dass die Klarheit der
CDU-Positionen in den vergangenen Jahren gelitten habe. Er
versicherte, er strebe als neuer CDU-Chef nicht das Ende der großen
Koalition an. «Es gibt überhaupt keinen Grund, über Neuwahlen zu
spekulieren.» Er fügte hinzu: «Wir haben eine gewählte Regierung.
»

Merz und Spahn attackierten auch die Grünen, die in Umfragen derzeit
bei über 20 Prozent liegen. Es sei eine «Doppelmoral», wenn die
Grünen die Rodung des Hambacher Forsts für den Braunkohletagebau
mitbeschließen, sich aber dann an Bäume ketteten, sagte Spahn. Merz
sagte dazu: «Die Grünen müssen ihr Verhältnis zum Gewaltmonopol
dieses Staates klären.»

Spahn sagte voraus, die Menschen müssten sich darauf einstellen,
künftig noch später in Rente zu gehen. «Mit der steigenden
Lebenserwartung muss auch das Renteneintrittsalter ab 2030 weiter
steigen.» Bisher wird das Renteneintrittsalter stufenweise bis zum
Jahr 2029 angehoben. Ab dem Geburtsjahrgang 1964 ist es 67.