Islam-Konferenz kommt erstmals unter Seehofers Leitung zusammen

Bislang ist Bundesinnenminister Seehofer bei den Muslimen in
Deutschland vor allem angeeckt. Ob es bei seiner ersten
Islam-Konferenz harmonischer zugehen wird? Zweifel sind angebracht.

Berlin (dpa) - Die Grünen erwarten nicht, dass die Deutsche
Islam-Konferenz (DIK) unter dem Vorsitz von Bundesinnenminister Horst
Seehofer schnelle Ergebnisse liefern wird. «Es ist zu befürchten,
dass eine Menge der Debattenzeit erstmal darauf verwendet werden
muss, die entstandenen atmosphärischen Störungen zu glätten», sagte

Bundestagsfraktionschefin Katrin Göring-Eckardt der Deutschen
Presse-Agentur.

Der CSU-Politiker hatte im vergangenen März kurz nach seiner
Ernennung zum Bundesinnenminister erklärt, er halte den Satz «Der
Islam gehört zu Deutschland» für falsch. Er fügte allerdings hinzu:

«Die bei uns lebenden Muslime gehören aber selbstverständlich zu
Deutschland.»

Die Islam-Konferenz kommt an diesem Mittwoch erstmals in neuer
Besetzung zusammen. Seehofer hat neben den Islam-Verbänden diesmal
auch liberale Theologen und Wissenschaftler eingeladen. Einige von
ihnen hatten die Verbände in der Vergangenheit wegen ihres
konservativen Islam-Verständnisses scharf kritisiert. Die Konferenz
bringt deutsche Muslime und Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen
zusammen. In den vergangenen Jahren hatte sie unter anderem Fragen
wie Religionsunterricht und islamische Seelsorge erörtert.

Göring-Eckardt forderte einen Neuanfang des Dialogforums. Sie sagte,
dazu gehöre auch, dass in Deutschland mehr Imame ausgebildet würden.
Die Grünen-Politikerin sagte: «Es braucht endlich konkrete Vorschläge

zur Anerkennung islamischer Religionsgemeinschaften.» Mit Blick auf
den türkischen Islam-Verband Ditib, schränkte sie jedoch ein, es
dürfe keine Anerkennung für Verbände geben, «die fundamentale
Verfassungsprinzipien unserer Gesellschaft nicht akzeptieren, weil
sie zum Beispiel ihre Mitglieder bespitzeln und faktisch der
verlängerte Arm des Erdogan-Regimes sind».

Der Kandidat für den CDU-Vorsitz, Bundesgesundheitsminister Jens
Spahn, verlangte verbindliche Regeln für Muslime zur Integration in
Deutschland. «Wir haben Religionsfreiheit, und es soll auch Moscheen
in Deutschland geben», sagte er der «Rheinischen Post» (Mittwoch).
«Aber Integration gelingt dauerhaft nur, wenn sich diese
Moschee-Gemeinden als deutsche Moschee-Gemeinden verstehen und nicht
zum Beispiel als türkische.» Moscheen dürften nicht aus dem Ausland
finanziert werden, die Imame müssten in Deutschland ausgebildet
werden und auch Deutsch sprechen.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette
Widmann-Mauz, verlangte eine «Emanzipation» der Moschee-Verbände vom

Ausland und eine Neustrukturierung der Vertretung der Muslime in
Deutschland. «Wer als Moschee-Verband Teil von Deutschland sein will,
kann nicht Teil von Riad oder Ankara bleiben. Und wer beispielsweise
Kirchensteuer erheben will, der muss die gesetzlichen Kriterien
erfüllen», sagte die CDU-Politikerin der «Bild»-Zeitung (Mittwoch).


Der ehemalige Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir kritisierte die
bisherige Politik der deutschen Parteien gegenüber den Dachverbänden
als zu nachgiebig. «Alle Parteien im Bund und in den Ländern haben
die Reformbereitschaft der Islamverbände, vor allem von Ditib, völlig
überschätzt», sagte er der «Welt». «Doch wer eine Anerkennung a
ls
Religionsgemeinschaft möchte, muss akzeptieren, dass das Grundgesetz
der Leitfaden für das Zusammenleben ist.»

Der «Südwest Presse» (Mittwoch) sagte Özdemir, die Verbände «d
ürfen
nicht länger Handlanger eines ausländischen Staates sein und müssen
auf dem Boden unserer Verfassung zu einer Vertretung von Muslimen in
Deutschland werden». Özdemir weiter: «Frauenfeindlichkeit,
Militarismus und religiöser Fundamentalismus haben dabei keinen
Platz.»

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland warb für mehr Vertrauen
gegenüber den Moschee-Gemeinden. «Ich kann nur davor warnen,
die Moschee-Community als Problem zu betrachten. Im Gegenteil: Sie
ist Teil der Lösung», sagte der Vorsitzende Aiman Mazyek, dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch). Zugleich räumte er
«erhebliche Defizite» und Fehler bei den muslimischen
Religionsgemeinschaften ein.