Gericht will über BVB-Attentäter urteilen

Nach elf Monaten Verhandlung steht der Prozess um den Bombenanschlag
auf die Mannschaft von Borussia Dortmund vor dem Ende. Dem
Angeklagten droht eine Verurteilung wegen versuchten Mordes. Die
Verteidiger präsentierten dem Gericht eine andere Version.

Dortmund (dpa) - Der Bombenanschlag auf die Mannschaft von Borussia
Dortmund erschütterte am 11. April 2017 weit über die Fußballwelt
hinaus. An diesem Dienstag (14 Uhr) will das Dortmunder Schwurgericht
das Urteil gegen den Angeklagten sprechen.

Die Staatsanwaltschaft hat für den 29-Jährigen lebenslange Haft wegen
versuchten Mordes gefordert. Anklagevertreter Carsten Dombert zeigte
sich davon überzeugt, dass Sergej W. bei der Abfahrt des
Mannschaftsbusses zum Champions-League-Heimspiel gegen AS Monaco drei
Sprengsätze am Teamhotel des BVB zündete, um die Spieler zu töten und

damit den Kurs der BVB-Aktie zum Absturz zu bringen.

Sergej W. aus Rottenburg am Neckar hat zwar zugegeben, die Bomben
gebaut und gezündet zu haben. Der in Russland geborene Deutsche
bestreitet jedoch jede Tötungsabsicht. Es sei ihm allein darum
gegangen, Angst und Schrecken zu verbreiten, hieß es in seinem
Geständnis. Er habe mit Optionsscheinen auf einen Kurssturz der Aktie
gewettet und auf einen Gewinn von «einigen Zehntausend Euro» gehofft.

Die Verteidiger Carl Heydenreich und Christos Psaltiras haben deshalb
nur eine Haftstrafe wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion
beantragt. Diese solle «deutlich im einstelligen Bereich» liegen.

In dem elf Monate dauernden Prozess haben die Richter neben
Sprengstoff- und Aktiensachverständigen auch fast alle damaligen
Businsassen als Zeugen vernommen. Der heute für Borussia
Mönchengladbach spielende Verteidiger Matthias Ginter brach dabei in
Tränen aus. Der damals noch für Dortmund aktive Torwart Roman
Weidenfeller sagte: «Der Anschlag hat mein Leben verändert.»
BVB-Torwarttrainer Wolfgang de Beer meinte: «Das ist eine Sache, die
man nie vergisst.» Dortmunds damaliger Trainer Thomas Tuchel mutmaßte
in seiner Zeugenaussage sogar, dass er nach der Saison weiter im Amt
geblieben wäre, hätte es das Attentat nie gegeben.

Bei dem Anschlag war der spanische Innenverteidiger Marc Batra im
Inneren des Busses schwer am Unterarm verletzt worden - ob von einem
der in den Bomben versteckten Metallsplitter oder einer Glasscherbe,
konnten Mediziner nicht abschließend klären. Ein Polizist, der dem
Bus auf einem Motorrad vorausfahren sollte, hatte ein Knalltrauma
erlitten. Der Beamte ist heute dienstunfähig.