CDU-Wirtschaftsrat: Wettbewerb um CDU-Vorsitz vor dem Scheideweg

Der Ton zwischen den drei Bewerbern um den CDU-Vorsitz wird rauer.
Das besorgt manchen in der Partei. Steht die Geschlossenheit der
Union auf dem Spiel?

Berlin (dpa) - Der CDU-nahe Wirtschaftsrat hat die Kandidaten für den
CDU-Vorsitz angesichts zunehmender Attacken davor gewarnt, die
Geschlossenheit der Partei zu beschädigen. «Wenn sich der Umgangston
weiter so verschärft und inhaltliche Diskussionsverbote verhängt
werden, wird es auf die Geschlossenheit der CDU nicht ohne
nachhaltige Auswirkungen bleiben», sagte der Generalsekretär des
Rats, Wolfgang Steiger, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Der
Wirtschaftsrat vertritt nach eigenen Angaben rund 12 000 Unternehmen.

«Diese Tage drohen beim Wettbewerb der Kandidaten um den CDU-Vorsitz
zum Scheideweg zu werden», warnte Steiger. «Bisher haben sich alle
mit gegenseitigem Respekt behandelt, jetzt will man sich falsch
verstehen, um einen Vorteil zu ziehen.» Wen er mit seinen Mahnungen
vor allem meinte, ließ Steiger offen.

Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte am Wochenende
Kritik ihres Konkurrenten Friedrich Merz harsch zurückgewiesen, die
CDU habe die Wahlerfolge der AfD zugespitzt gesagt «mit einem
Achselzucken» zur Kenntnis genommen. Solche Behauptungen seien «ein
Schlag ins Gesicht» für alle in der CDU, die seit Jahren gegen
ständige Falschinformationen, Anfeindungen sowie in Teilen offene
Hetze durch die AfD kämpften und Tag für Tag Haltung zeigten, sagte
sie der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung». Als dritter
aussichtsreicher Kandidat gilt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.

Kramp-Karrenbauer, Merz und Spahn stellen sich derzeit in
Regionalkonferenzen der Parteibasis vor. Vier davon hat es bereits
gegeben, weitere vier folgen in dieser Woche in Böblingen,
Düsseldorf, Bremen und Berlin. Die Frage, wer Angela Merkel an der
Spitze der CDU nachfolgen wird, entscheidet dann ein CDU-Parteitag am
7. Dezember in Hamburg.

Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Ursula von der Leyen stellte
klar, dass der oder die neue CDU-Vorsitzende nicht automatisch auch
die Kanzlerkandidatur der Union bei der nächsten Bundestagswahl
übernehmen wird. «Aber die Parteispitze gibt sicher mit den
Ausschlag», sagte die Verteidigungsministerin der «Bild»-Zeitung
(Montag) mit Blick auf die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur.

Steiger sagte, die Wähler hätten in den vergangenen drei Jahren bei
allen Wahlen sehr deutliche Signale gesetzt. «Sie haben aber
offensichtlich das Gefühl gehabt, dass ihre große Unzufriedenheit
nicht erkannt und verstanden wurde.» Es seien mitnichten nur die
innere Sicherheit und die Migration, die Unionswähler in verschiedene
Richtungen getrieben hätten. «Es braucht also ein inhaltliches und
personelles Gesamtangebot, das die CDU wieder zu einer erfolgreichen
Volkspartei macht, die mit allen Flügeln glaubwürdig fliegen kann.»

Der aus Baden-Württemberg kommende CDU-Bundestagsabgeordnete Axel
Fischer kritisierte Kramp-Karrenbauer wegen ihrer Attacke auf Merz.
«Bei Annegret Kramp-Karrenbauer scheinen offensichtlich die Nerven
blank zu liegen», sagte er der «Bild»-Zeitung. «Dass die AfD durch

fehlende klare politische Positionen der CDU gestärkt wurde, liegt
doch auf der Hand. Somit hat Friedrich Merz einen Nerv getroffen und
die CDU-Generalsekretärin heult auf.»

Auch andere CDU-Politiker verteidigten Merz, räumten aber zugleich
Versäumnisse ein. «Wir haben die AfD natürlich ernst genommen, aber
nicht immer ernst genug», sagte Innenstaatssekretär Günter Krings der

«Rheinischen Post» (Montag). Der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster
sagte der Zeitung: «Wir haben die Gewinne der AfD ganz sicher nicht
gleichgültig akzeptiert, schon eher haben wir mit viel Herzblut nicht
immer die richtigen Rezepte eingesetzt.»