Baerbock: Organspende-Bereitschaft beim Pass-Abholen abfragen

Tausende kranke Menschen in Deutschland warten auf Organe, die ihnen
transplantiert werden können. Doch es gibt zu wenige Spender. Vor
einer Bundestagsdebatte zu neuen Regeln kommt ein weiterer Vorschlag.

Berlin (dpa) - Eine mögliche Bereitschaft zu Organspenden sollte aus
Sicht von Grünen-Chefin Annalena Baerbock künftig regelmäßig beim
Abholen neuer Ausweise abgefragt werden. Dies würde einen Weg
eröffnen, «mit dem mehr Menschenleben gerettet werden können und
gleichzeitig jeder und jede einzelne bewusst über den eigenen Körper
entscheiden kann», schrieb Baerbock in einem Beitrag für die
«Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung». An diesem Mittwoch ist im
Bundestag eine offene Debatte zu möglichen neuen Regeln geplant, um
zu mehr Organspenden zu kommen. Beschlüsse sind nicht vorgesehen.

Baerbock schlug vor, dass man beim Beantragen von Pässen oder
Personalausweisen, die spätestens alle zehn Jahre erneuert werden
müssen, ausführliche und unabhängige Informationen erhalten könnte
-
außerdem die Möglichkeit eines persönlichen Gesprächs oder einer
Telefonberatung für weitere Fragen. Beim Abholen müsste man dann
entscheiden, ob man alle oder einzelne Organe spenden möchte, dies
explizit ablehnt oder aktuell noch nicht entscheiden will. Die
Angaben würden in einem verbindlichen Zentralregister vermerkt.

Menschen müssten eine «niedrigschwellige Möglichkeit haben, aktiv Ja

zu sagen», argumentierte Baerbock. Berücksichtigt würde so zudem,
dass man seine Meinung im Laufe des Lebens ändern könne. Die Deutsche
Stiftung Patientenschutz nannte den Vorschlag unausgegoren. Ethische
und medizinische Fragen um Organspenden bewegten die Menschen im
Innersten, sagte Vorstand Eugen Brysch am Sonntag der Deutschen
Presse-Agentur. «Wie sollen Sachbearbeiter in Bürgerbüros neben der
Antragsabwicklung von Ausweispapieren so etwas leisten? Das ist
praxisfern.»

Baerbock wandte sich gegen die unter anderem von Gesundheitsminister
Jens Spahn (CDU) vorgeschlagene Umstellung auf eine «doppelte
Widerspruchslösung». Das bedeutet, dass jeder als Spender gilt. Dazu
soll man aber noch Nein sagen können, ansonsten sind - als doppelte
Schranke - Angehörige zu fragen. Bisher sind Organentnahmen nur bei
ausdrücklichem Ja erlaubt. Baerbock nannte die Widerspruchslösung
einen starken Eingriff ins Selbstbestimmungsrecht. «Der Gesetzgeber
würde damit diese sehr persönliche Entscheidung vorwegnehmen, die
dann nur mit aktivem Widerspruch aufgehoben werden könnte.»

Die Zahl der Spender geht seit Jahren zurück und hatte 2017 einen
Tiefstand von 797 erreicht. Für dieses Jahr zeichnet sich erstmals
wieder ein Anstieg ab. Rund 10 000 Menschen warten auf Spenderorgane.