Kampf gegen den Pilz: Bakterien sollen Safran retten Von Wyona Schütte, dpa

Seit Jahren kämpfen die Safranbauern im nördlichen Indien gegen
sinkende Erträge. Schuld sind Pilzerkrankungen. Wissenschaftler aus
Indien und Bremen suchen gemeinsam Wege, die wertvolle Gewürzpflanze
zu schützen. Bakterien könnten helfen.

Bremen (dpa) - Jean-Frederic Waldmeyer ist Bauer. Allerdings pflanzt
er etwas für Deutschland sehr ungewöhnliches an: Safran. «Die
Herstellung ist reine Handarbeit», sagt er. «Für ein Kilogramm Safran

braucht man bis zu 300 000 Blüten.» Waldmeyer ist einer der wenigen
Menschen, die diese Krokusart in Deutschland anbauen. Er möchte
zeigen, dass sich das Gewürz nicht nur in den Hauptanbauregionen wie
dem Iran, Indien oder im Mittelmeerraum produzieren lässt.

Der Aufwand für das Edelgewürz ist groß. Nach dem Pflücken müssen
die
Safranfäden von Hand aus der Blüte herausgelöst werden. Sie dienen
später als natürlicher Geschmacksverstärker, passen zu süßen und

herzhaften Gerichten. In einigen Regionen der Erde mindern Schädlinge
derzeit einen Großteil des Anbaus.

Waldmeyer weiß von Pilzerkrankungen bei Safran, hat selbst aber noch
keine Schädlinge auf seinen Feldern festgestellt. In Indien sieht das
zurzeit ganz anders aus: Im Kaschmir, der dortigen
Safran-Hauptanbauregion, kämpften Bauern seit Jahren mit zunehmenden
Ernteausfällen, sagt Barbara Reinhold von der Universität Bremen.
Schuld daran sei ein Pilz, der die Blumenzwiebeln faulen lässt.

«Das Problem besteht besonders in Nordindien, auch wenn Bauern in
Italien oder dem Iran vermutlich ebenfalls Probleme haben», ergänzt
Reinhold. Die Biologin leitet in der Universität die Abteilung für
Mikroorganismen und Pflanzen-Interaktionen. Im Rahmen eines
Austauschprogramms forschen sie und ihr Team mit Wissenschaftlern der
indischen Universität Jammu gemeinsam, um die Wirkungsweise des
Pilzes zu verstehen und ein Gegenmittel zu finden.

Einen der Pilze, die die Fäule der Safranzwiebel bewirken, konnten
die Wissenschaftler im Kaschmir bereits identifizieren. «Dann kann
man betrachten: Was macht der Pilz eigentlich mit der Pflanze? Und
gibt es Bakterien, die diesen Schädling in den Griff bekommen, indem
sie entweder den Pilz selbst schädigen oder die Abwehr der Pflanze
stärken», erklärt Reinhold. Die Zusammenarbeit sieht die Forscherin
auf einem guten Fundament: «Wir hatten das Gefühl, dass wir die
gleiche Sprache sprechen und an unterschiedliche Systeme ähnliche
Fragestellungen haben.»

Normalerweise beschäftigt sich Reinhold in ihrer Arbeitsgruppe mit
Bakterien, die positive Effekte auf das Wachstum von Reispflanzen
haben. Mithilfe von Bioinformatik, Mutationen und Gensequenzierung,
also der «Entschlüsselung» von Genen, versuchen sie und ihre
Kollegen, die Ursachen dieser Effekte zu verstehen. Dann können sie
Bakterien gezielt einsetzen, um mit ihnen das Wachstum von Pflanzen
zu stärken und zu beschleunigen. Wenn die Forscher aus Jammu nach
Bremen kommen, erfolgen ähnliche Experimente mit der Safranpflanze.

Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler bereits einige
Bakterienstämme finden, die sich vermutlich zur Bekämpfung des Pilzes
eignen. Ob und wie gut diese den Kleinbauern im Kaschmir tatsächlich
helfen, lässt sich nicht im Labor ermitteln. Es gibt viele
Einflussfaktoren. Wie ist das Klima? Wie sind die Bodenverhältnisse?
Erste Feldexperimente sähen jedoch gut aus, berichtet die Bremer
Wissenschaftlerin. Reinhold hofft, dass die Bauern in ein paar Jahren
ihre Safranzwiebeln mit einem Bakterienpulver bestreuen können, bevor
sie diese einpflanzen - und sie so vor dem Pilz schützen können.

Beim Safran gibt es noch viel zu erforschen, findet Stephan Clemens.
«Bei vielen Pflanzen hat man bereits ein viel detaillierteres
Verständnis», sagt der Forscher vom Lehrstuhl für Pflanzenphysiologie

der Universität Bayreuth. Das hat seine Ursachen, denn der «Crocus
sativus» - so der botanische Name des Safrans - verlangt Bauern und
Forschern viel Geduld ab.

Normalerweise könne man für die Erforschung einer Pflanze einfach die
jeweiligen Samen der Pflanze bestellen. Nach der Anzucht folgten dann
die Experimente, sagt Clemens. So einfach macht es der Safran seinen
Erforschern nicht. Die Pflanze ist steril. Sie vermehre sich nur über
Ableger, deshalb dauere die Anzucht neuer Safranzwiebeln, aus denen
sich die Krokusse entwickeln, sehr lange. «Erst nach einigen Jahren
sind Experimente möglich. Safran ist keine Pflanze, über die sie ihre
Doktorarbeit schreiben wollen», sagt Clemens.

Auch in anderer Hinsicht bleibt es spannend, die Safranpflanze zu
erforschen: Sie könnte in der Zukunft vielleicht in der Medizin bei
Nervenkrankheiten hilfreich sein. «Es gibt Hinweise aus Tiermodellen,
dass die Stoffe aus dem Safran eine günstige Wirkung haben könnten»,

sagt Clemens. Wie genau diese Wirkung aussieht und ob sich das Ganze
auf den Menschen übertragen lässt, sei jedoch noch nicht weiter
erforscht. «Es ist sehr interessant, das weiter zu verfolgen.»