Forderungen nach Begrenzung des Eigenanteils in der Pflege

Wenn Menschen pflegebedürftig sind, kommt die Pflegeversicherung
dafür auf - allerdings nicht komplett. Rufe nach einem besseren
Schutz vor steigenden finanziellen Lasten werden lauter.

Berlin (dpa) - Angesichts hoher Kosten für viele Betroffene flammt
die Debatte über eine grundlegende Reform der Pflege-Finanzierung neu
auf. Die Krankenkasse DAK-Gesundheit fordert eine Begrenzung des
selbst zu tragenden Eigenanteils für die eigentliche Pflege. «Es gäbe

dann einen einheitlichen Betrag, den die Pflegebedürftigen oder die
Angehörigen zahlen - gestaffelt nach Pflegegraden», sagte
Vorstandschef Andreas Storm der Deutschen Presse-Agentur. Was darüber
hinausgehe, trage die Pflegeversicherung. Auch der Paritätische
Gesamtverband forderte «eine Komplettreform der Pflege-Finanzierung».

Storm kritisierte: «Pflegebedürftige zahlen in manchen Bundesländern

doppelt so viel dazu wie in anderen Regionen.» Insgesamt seien immer
mehr Pflegebedürftige mittlerweile auf ergänzende Fürsorgeleistungen

angewiesen. Dies widerspreche dem Anspruch der Pflegeversicherung.
Bislang sei es so, dass die Pflegeversicherung einen festen Betrag
übernimmt, alle weiteren Kosten trügen Betroffene und ihre Familien.
Zur Finanzierung eines gedeckelten Eigenanteils wirbt der DAK-Chef
für einen Bundeszuschuss. «Pflege ist eine gesamtgesellschaftliche
Aufgabe. Eine Mitfinanzierung aus Steuermitteln ist daher sinnvoll.»

Der Vorsitzende des Paritätischen Gesamtverbands, Rolf
Rosenbrock-Freese, sagte: «Die Finanzierung der Pflege steht auf
tönernen Füßen.» Die geplante Beitragsanhebung stopfe allenfalls di
e
Löcher, die die demografische Entwicklung entstehen lasse. Nötig
seien eine Begrenzung des Eigenanteils und eine deutlich stärkere
Entlastung und bessere Absicherung pflegender Angehöriger.

Die Bundesregierung hat gerade eine Anhebung des Pflegebeitrags um
0,5 Punkte zum 1. Januar 2019 auf den Weg gebracht. Derzeit liegt er
bei 2,55 Prozent des Bruttoeinkommens, für Beitragszahler ohne Kinder
bei 2,8 Prozent. Generell müssen Pflegebedürftige oder die
Angehörigen einen Eigenanteil leisten, weil die Pflegeversicherung -
anders als die Krankenversicherung - nur einen Teil der Kosten trägt.
Selbst bezahlt werden müssen neben einem Eigenanteil für die Pflege
an sich etwa auch Unterkunft und Verpflegung im Pflegeheim. Im
bundesweiten Schnitt kamen so zuletzt Summen von rund 1800 Euro im
Monat zusammen, es gibt aber Unterschiede zwischen den Bundesländern.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte weitergehende
Entlastungen. Es reiche nicht, den Eigenanteil für Pflegeleistungen
nur zu deckeln, sagte Vorstand Eugen Brysch der dpa. «Vielmehr muss
die Pflegeversicherung zukünftig die vollständigen Kosten für die
Pflege übernehmen.» Nur Ausgaben für Lebenshaltung und Nebenkosten
sollten Pflegebedürftige dann auch weiterhin selbst tragen. Als
Sofortmaßnahme sollten die Sachleistungen der Pflegeversicherung
einmalig um 500 Euro erhöht werden, damit nicht noch mehr
pflegebedürftige Menschen in die Armut rutschten.

SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach betonte, in der Pflegeversicherung
«müssen wir eine Vollkaskoversicherung anbieten, die das Risiko von
den Familien nimmt». Das sei der Wunsch großer Teile der Bevölkerung.

Entlastungen Pflegebedürftiger fordern auch die Verbraucherzentralen.
Leistungen der Pflegeversicherung sollten daher künftig - orientiert
an der Inflationsrate und den Personalkosten - angepasst werden.

Laut einem neuen Pflegereport der DAK beklagen 87 Prozent der
Befragten, Pflegeheime seien teuer. Sieben von zehn Befragten sind
der Meinung, dass sich viele Familien Pflegedienste und Heime nicht
leisten können. Für die Studie befragte das Allensbach-Institut im
Auftrag der DAK-Gesundheit im Juni 2780 Menschen ab 16 Jahren.