Ärzte warnen Männer: Osteoporose-Risiko nicht unterschätzen

Dass Osteoporose zu Knochenbrüchen führen kann, wissen Frauen seit
langem. Was Männer nicht wissen: sie haben mit 70 ein genauso hohes
Risiko wie Frauen mit 60.

Genf (dpa) - Osteoporose als Krankheit von Frauen abzutun, kann für
viele Männer fatale Folgen haben. Zum Welt-Osteoporose-Tag an diesem
Samstag rufen Experten ältere Männer und ihre Ärzte auf, einen
möglichen Abbau der Knochensubstanz ernst zu nehmen. Nach Angaben der
Internationalen Osteoporose-Stiftung (IOF) ist das Risiko für Männer
höher, an Osteoporose zu erkranken, als an Prostatakrebs. Ein Drittel
der Hüftbrüche passiere bei Männern. Prominente Osteroporose-Kranke
waren der ermordete US-Präsident John F. Kennedy und der 2007
gestorbene Ex-Tatort-Kommissar Hansjörg Felmy.

«2010 gab es in Deutschland 725 000 osteoporotisch bedingte
Frakturen. Darunter waren gut 95 000 Hüftbrüche bei Frauen und 34 0
00
Hüftbrüche bei Männern», sagt der Orthopäde und Unfallchirurg And
reas
Kurth, Vorsitzender des Dachverbands Osteologie (Knochenkunde). Nach
einer IOF-Studie waren in dem Jahr in Deutschland eine Million Männer
und vier Millionen Frauen von Osteoporose betroffen. «Männer trifft
es lediglich ein bisschen später. Männer mit 70 haben etwa ein so
großes Osteoporose-Risiko wie Frauen mit 60», sagt Kurth.

«Osteoporose tut erst weh, wenn man sich etwas bricht», sagt
Christian Hinz, Chefarzt der Klinik Fürstenhof in Bad Pyrmont mit
Behandlungsschwerpunkt Osteoporose. Viele Menschen glaubten, der
Bruch sei auf den Sturz zurückzuführen. «Aber bei geringer Fallhöhe

brechen Knochen in der Regel nicht.» Wenn man etwa beim Hinsetzen auf
einen Stuhl abrutsche, zu Boden falle und sich dabei einen Wirbel
breche, könne Osteoporose der Grund für die Fraktur sein. Nach
IOF-Schätzungen bricht sich weltweit jeder fünfte Mann über 50 einen

Knochen wegen Osteoporose. «Bei den meisten von ihnen wird diese
stille Erkrankung weder erkannt noch behandelt, nicht einmal nachdem
sie eine Fraktur hatten», schreibt die Stiftung.

Risikofaktoren bei Männern seien beispielsweise bestimmte
Behandlungen wegen Rheuma, Prostatakrebs oder chronischen
Darmerkrankungen. Gerade anti-hormonelle Therapien hemmten die
Testosteronproduktion, was die Knochen schwächer mache.

Hinz verweist auch auf höhere Risiken durch den veränderten
Lebensstil: «Eigentlich bietet die Natur zu allen Jahreszeiten, was
wir brauchen: zum Beispiel im Herbst Kohl und Obst mit viel
Spurenelementen, Vitaminen und Kalzium, und im Winter fettes Fleisch
und fetten Fisch mit gespeichertem Vitamin D. Aber das isst man heute
nicht mehr. Deshalb ist auch ernährungsbedingt die Wahrscheinlichkeit
größer, einen Mangel und Osteoporose zu entwickeln.»

Die Ärzte empfehlen Männern wie Frauen zur Vorbeugung gesundes Essen
und Bewegung. «In schweren Fällen gibt es auch Medikamente, mit denen
man den Großteil der Frakturen verhindern kann», sagt Kurth. Nur 20
Prozent der Patienten, die Medikamente haben müssten, würden jedoch
tatsächlich behandelt, sagt Hinz. Die Ärzte nehmen auch Haus- und
Unfallärzte sowie Urologen in die Pflicht. Sie würden bei Männern
viel zu selten abklären, ob eine Osteoporose vorliege. Männer sollten
ab 60, spätestens 70 ihr Osteoporoserisiko abklären, sagt Hinz. Das
geht mit einem Fragebogen zu Krankheiten, Medikamenteneinnahme,
Sturzhäufigkeit, genetischer Veranlagung und Lebensstil.