Die junggebliebenen Alten - Wie Senioren ihre Zeit verbringen Von Larissa Schwedes, dpa

Deutschland wird alt, so viel steht fest. Mit jedem Jahr steigt der
Anteil der Senioren an der Gesellschaft. Grund genug, etwas genauer
hinzuschauen.

Berlin (dpa) - Sie sind aktiv, sie sind wissbegierig - und sie sind
ganz schön viele. Das Statistische Bundesamt präsentiert am
Donnerstag in Berlin aktuelle Zahlen zu den Senioren der Republik.
Die Deutsche Presse-Agentur bekam vorab Einblick in einige
Entwicklungen.

Wie viele Senioren gibt es eigentlich in Deutschland?

Ende 2017 waren 17,7 Millionen Menschen in Deutschland 65 oder älter.
Das ist mehr als jeder Fünfte. Klar ist: Es werden mehr - vor allem,
wenn ab etwa 2020 die sogenannten Babyboomer in Rente gehen. Eine
Berechnung des Statistischen Bundesamtes von 2015 zeigt: Im Jahr 2060
könnten 23,7 Millionen Menschen in Deutschland leben, die über 65
Jahre alt sind. Im Osten altert die Bevölkerung besonders stark.

Was bedeutet das für den Rest der Gesellschaft?

Immer weniger Arbeitnehmer zahlen in die Rentenkasse ein, während
immer mehr Menschen Anspruch auf eine Rente haben. Ohne private
Altersvorsorge können viele Menschen schon heute nicht von ihrer
Rente leben. Außerdem steigt der Bedarf an Pflegekräften.
Altenforscherin Verena Klusmann von der Universität Hamburg sieht im
demografischen Wandel aber auch eine soziale Herausforderung: «Jung
und Alt müssen im Dialog miteinander bleiben. Es darf nicht dazu
kommen, dass Subgesellschaften entstehen.»

Wie verbringen die Senioren ihre Zeit?

Mit Mitte 60 in den Ruhestand gehen und nur noch die Beine hochlegen
ist für immer weniger Senioren Realität. Unter den 65- bis
69-Jährigen hat sich der Anteil der Arbeitenden in den vergangenen
zehn Jahren mehr als verdoppelt. 2017 arbeiteten laut Zahlen des
Statistischen Bundesamtes 16,1 Prozent von ihnen, 2007 waren es nur
7,1 Prozent. Die eigene Rente aufzubessern ist dafür nicht der
einzige Grund. «Viele Leute wollen das und arbeiten freiwillig
weiter. Es ist sehr identitätsstiftend, weiter im Arbeitsleben zu
stehen», sagt Forscherin Klusmann. «Und es ist gesellschaftlich
gewollt. Man will die Älteren halten, man kann auf ihre Expertise
nicht verzichten.» Die Wissenschaftlerin fordert allerdings, das
Eintrittsalter in den Ruhestand flexibler zu gestalten.

Und was machen die, die nicht mehr arbeiten?

Das Interesse an Neuem bleibt bei vielen Menschen auch im Alter
erhalten. 15 000 Senioren waren dem Bundesamt zufolge im vergangenen
Jahr an deutschen Hochschulen als Gasthörer eingeschrieben.
Tendenz: steigend. Klusmann hält Lernimpulse für dringend notwendig.

«Die Devise ist: Man sollte sich auch im Alter breit aufstellen und
sich weiterhin möglichst komplex fordern», sagt sie. Auch die Zahl
der Senioren, die das Internet nutzen, steigt kontinuierlich.

Was machen die Älteren online?

In sozialen Medien sind Senioren eher selten. Sie nutzen das Internet
eher für Dinge, die sie zuvor offline erledigt haben - etwa Reisen
buchen, sich informieren oder Nachrichten verschicken. «Die Senioren
haben so das Gefühl: Sie halten mit, sie können informiert bleiben,
sie können Kontakt mit ihren Kindern und Enkeln halten. Das steigert
die Lebenszufriedenheit», sagt Klusmann. Unter den Männern ist der
Anteil der Onliner übrigens höher als bei den Frauen.