Krankenversicherte werden dauerhaft entlastet Von Basil Wegener und Sascha Meyer, dpa

Die Kosten für die Krankenkassen dürften in den kommenden Jahren
immer weiter steigen - aber die Versicherten sollen die Steigerungen
nicht mehr allein schultern müssen.

Berlin (dpa) - Die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen sollen
dauerhaft davor geschützt werden, steigende Gesundheitskosten allein
tragen zu müssen. Denn mit einem Gesetz, das an diesem Donnerstag im
Bundestag verabschiedet werden soll, soll zu einer gleichmäßigen
Aufteilung dieser Versicherungskosten zwischen Arbeitgebern und
Arbeitnehmern zurückgekehrt werden. Der Gesundheitsexperte des
Verbraucherzentrale Bundesverbands, Kai Helge Vogel, sagte der
Deutschen Presse-Agentur: «Das ist eine wichtige Weichenstellung für
die Zukunft.»

Der bisher von den mehr als 56 Millionen Kassenmitgliedern allein zu
zahlende Zusatzbeitrag wird damit zu gleichen Teilen zwischen ihnen
und ihren Arbeitgebern aufgeteilt.

Der Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung besteht aus
zwei Teilen: Derzeit liegt der allgemeine Satz bei 14,6 Prozent des
Bruttolohns. Diesen bezahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bereits zu
gleichen Teilen. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag liegt derzeit
bei 1,0 Prozent. Mit dem Gesetz von Gesundheitsminister Jens Spahn
(SPD) wird auch hier zur sogenannten Parität zurückgekehrt, was in
den Koalitionsverhandlungen ein Kernanliegen der SPD war. Auch für
den Arbeitnehmerflügel der CDU, der CDA, sei es immer ein großer
Fehler gewesen, die Kosten des Zusatzbeitrages allein den
Angestellten aufzudrücken, wie CDA-Chef Karl-Josef Laumann sagte.

«Die kurzfristigen Einsparungen dadurch sind nicht so groß», sagte
Vogel. Bei einem Zusatzbeitrag von 1 Prozent und einem
Bruttoeinkommen von 2000 Euro wären es 10 Euro im Monat. Doch da die
Gesundheitskosten absehbar immer weiter steigen, weil die Bevölkerung
älter wird und der medizinisch-technische Fortschritt teuer ist,
falle der Schritt langfristig immer stärker ins Gewicht.

Die IG Metall sieht darin ein Erfolg der Gewerkschaften, wie
Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban der dpa sagte. «Aber wer die
Gesundheitskosten gerecht verteilen will, muss in einem nächsten
Schritt auch die hohen Eigenanteile abbauen, die von den Versicherten
zusätzlich zu den Beiträgen aufgebracht werden müssen.» Zuzahlungen

für Medikamente, Hilfsmittel und Klinik-Behandlungen hätten 2017 fast
vier Milliarden Euro betragen.

Vogel lobte zudem die geplante Entlastung von geringverdienenden
Selbstständigen. «Diese Personengruppe ist durch die
Krankenkassenbeiträge oft finanziell völlig überlastet», sagte der

Experte. Das betreffe vor allem so genannte Solo-Selbstständige wie
Kioskbesitzer oder Taxiunternehmer.

Heute zahlen hauptberuflich Selbstständige ihre Beiträge zur
gesetzlichen Krankenversicherung auf Basis einer
Mindestbeitragsbemessungsgrundlage, auch wenn ihre tatsächlichen
Einkommen niedriger sind. Diese Bemessungsgrundlage und damit auch
der Mindestbeitrag sollen halbiert werden, für das Jahr 2018 auf
1141,88 anstatt 2283,75 Euro im Monat. Das ergibt einen
Mindestbeitrag von 171,28 Euro.

Geringverdienende Selbstständige seien oft mit den Beiträgen im
Rückstand sagte, Vogel. Er rief die Kassen auf, hier bei Erlass oder
Stundung der Beitragsschulden kulant zu sein. Das Gesetz sehe zwar
auch Schritte gegen Beitragsschulden vor, aber vor allem für Fälle
etwa von Saisonarbeitern aus dem Ausland, die wieder in ihren
Heimatländern, aber bei der Kasse in Deutschland nicht abgemeldet
sind. Insgesamt sei das Gesetz positiv für Versicherte und
Verbraucher, sagte Vogel, aber die tatsächlichen Wirkungen müssten
sich bei einigen Punkten erst erweisen.