Gutachten soll Klarheit zu Anti-Baby-Pille bringen

Wie gefährlich ist die millionenfach eingenommene Anti-Baby-Pille
«Yasminelle»? In einem Gerichtsprozess geht eine Frau gegen den
Pharmariesen Bayer vor. Dieser wehrt sich. Klarheit soll nun ein von
Gericht beauftragter medizinischer Gutachter bringen.

Waldshut-Tiengen (dpa) - Im seit Jahren dauernden juristischen Streit
um eine mögliche Gesundheitsgefahr der Anti-Baby-Pille «Yasminelle»
will das Landgericht Waldshut-Tiengen am Hochrhein am Donnerstag
(10.00 Uhr) erstmals einen Gutachter hören. Der Mediziner soll den
Angaben zufolge klären, ob es zwischen den gesundheitlichen Problemen
einer heute 34 Jahre alten Frau und der vorherigen Einnahme der Pille
einen Zusammenhang gibt. Die aus Baden-Württemberg stammende Frau
klagt in dem seit Juni 2011 laufenden Zivilrechtsverfahren gegen den
Chemie- und Arzneimittelkonzern Bayer mit Sitz in Leverkusen. Dieser
vertreibt die Pille.

Die Frau will erreichen, dass das Verhütungsmittel vom Markt genommen
wird. Sie macht die Pille mit ihrem Wirkstoff Drospirenon für
gesundheitliche Probleme und ein hohes Thrombose-Risiko
verantwortlich. Nach der Einnahme habe sie im Juni 2009 eine
beidseitige Lungenembolie sowie einen Kreislaufzusammenbruch mit
Herzstillstand erlitten und sei fast gestorben. Noch heute leide sie
unter den Folgen und könne wegen der gesundheitlichen Probleme keine
Kinder mehr bekommen. Sie fordert von Bayer Schadenersatz und
Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 200 000 Euro.

Der Pharmakonzern hält nach Angaben einer Sprecherin die in der Klage
geltend gemachten Ansprüche für unbegründet (Az.: 1 O 73/12). Durch
wissenschaftliche Daten sei bestätigt, dass von der Anti-Baby-Pille
und dem Wirkstoff bei korrekter Einnahme nicht die Gefahr ausgehe,
wie sie in der Klage genannt werde.

Die Pillen der Produktgruppe werden nach Darstellung von Bayer
täglich millionenfach eingenommen in mehr als 100 Ländern. Bereits in
fünf Prozessen in Deutschland, in denen es um den umstrittenen
Wirkstoff gegangen sei, habe Bayer gesiegt, betonte das Unternehmen.

In dem Fall, der vor dem Landgericht-Waldshut-Tiengen verhandelt
wird, hat es im Dezember 2015 den ersten und bislang einzigen
Verhandlungstermin gegeben. Zuvor hatten sich die Beteiligten
schriftlich ausgetauscht. Das Gericht beauftragte nach der
Verhandlung im Dezember 2015 den medizinischen Experten, der nun vor
der Zivilkammer des Gerichts sein Gutachten erläutern soll.

In den USA hatten laut dem Unternehmen mehrere Tausend Frauen gegen
Bayer geklagt. Bis Oktober 2016 schloss der Konzern den Angaben
zufolge mit rund 10 600 Frauen Vergleiche von insgesamt rund 2,1
Milliarden US-Dollar ab, ohne jedoch eine juristisch wirksame
Verantwortung anzuerkennen. Weitere Klagen und Forderungen von Frauen
würden noch geprüft, hieß es.