WHO erwägt Ausrufung von «Gesundheitsnotstand» wegen Ebola

Mehr als 200 Menschen haben sich im Kongo in elf Wochen mit dem
gefährlichen Ebola-Virus infiziert. Die WHO will jetzt ein Desaster
wie 2014/15 in Westafrika verhindern, wo 11 000 Menschen starben.

Genf (dpa) - Aus Sorge über eine katastrophale Ausbreitung des
gefährlichen Ebola-Virus in Zentral- und Ostafrika haben Experten
über die Ausrufung eines Gesundheitsnotstands beraten. Elf Fachleute
erörterten am Mittwoch in einer Telefonkonferenz mit der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf die Lage im Kongo. Dort
sind seit Anfang August wahrscheinlich mehr als 200 Menschen an dem
gefährlichen und hoch ansteckendem Virus erkrankt. Etwa 140 Menschen
kamen bereits ums Leben. Die Fachrunde beriet unter der Leitung des
Züricher Spezialisten für ansteckende Krankheiten, Robert Steffen.
Die Entscheidung wurde nicht vor 19.00 Uhr erwartet.

Bei einem Gesundheitsnotstand würde die WHO besondere Maßnahmen in
dem betroffenen Land und in den Nachbarländern empfehlen. Das können
beispielsweise stärkere Gesundheitskontrollen an Grenzen sein. Bei
einer Epidemie in Westafrika starben 2014/2015 mehr als 11 000
Menschen an Ebola.

Forscher vermuten, dass sich Menschen zu Beginn einer Epidemie über
den Verzehr von Wildtieren wie Fledermäusen anstecken. Das
Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von
Krankheiten hat das Risiko einer Einschleppung in Europa am 5.
Oktober aber als gering eingestuft.

Mehrere Faktoren machen den Kampf gegen die Ausbreitung vonn Ebola in
der Provinz Nord-Kivu kompliziert: Zum einen sind die Fälle im
Grenzgebiet zu Uganda und Ruanda aufgetaucht. Zum anderen kämpfen
dort seit Jahren Dutzende verschiedene Rebellengruppen. Rund eine
Million Menschen wurden aus ihren Dörfern vertrieben und sind deshalb
nicht fest angesiedelt. Das macht es schwieriger, sie zu erreichen.

Außerdem herrscht in manchen Regionen großes Misstrauen gegenüber der

Zentralregierung, mit der die WHO aber bei den Notmaßnahmen
zusammenarbeitet. Folglich werden auch manche Helfer von der
Bevölkerung angefeindet, oder Betroffene weigern sich, kranke
Angehörige zu melden oder besondere Schutzmaßnahmen vor Ansteckung
bei Beerdigungen einzuhalten.

Die Chefin der UN-Mission im Kongo hat unterdessen Verhandlungen mit
der für ihre Brutalität bekannten und dort aktiven
radikal-islamischen Miliz ADF ins Spiel gebracht. Sie könne nicht nur
auf militärischen Weg besiegt werden, sagte Leila Zerrougui am
Dienstag. Der ADF wird unter anderem vorgeworfen, rund um die Stadt
Beni seit 2014 Tausende Menschen, darunter UN-Friedenssoldaten,
getötet zu haben. Die Ziele der Gruppe sind weitgehend unklar.

Einen internationalen Gesundheitsnotstand auszurufen ist nicht
ungewöhnlich. Derzeit gilt er beispielsweise wegen Kinderlähmung in
einigen Ländern. 2016 wurde er wegen des Zika-Virus ausgerufen.