Tomaten im All - Satellit mit Pflanzen an Bord geht auf die Reise Von Irena Güttel, dpa

Pflanzen können im Weltraum wachsen. Das haben Experimente auf der
Raumstation ISS gezeigt. Ein fliegendes Gewächshaus soll nun klären
helfen, wie gut Astronauten bei Missionen in die Ferne mit frischem
Gemüse versorgt werden könnten.

Bremen (dpa) - Im Weltraum, 600 Kilometer über der Erde, könnten bald
Tomatenpflanzen wachsen. Die Früchte wird nie jemand essen, aber
darum geht es den Forschern auch gar nicht. Sie wollen mit dem
Experiment wichtige Erkenntnisse sammeln, wie sich Astronauten bei
längeren Missionen auf Mond oder Mars versorgen könnten. Ein
Forschungssatellit wird dabei als fliegendes Gewächshaus um die Erde
kreisen. Am Mittwoch machte er sich auf den Weg ins All - die erste
Etappe legte er allerdings mit dem Lastwagen zurück.

Am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bremen
verpackten Wissenschaftler den Satelliten in einen speziellen
Container. Anschließend sollte ihn ein Lastwagen zum Flughafen
bringen. Von Frankfurt geht es dann mit dem Flugzeug weiter nach Los
Angeles. Am 19. November soll «Eu:CROPIS» mit einer Rakete von einem
Startplatz in Kalifornien abheben. «Das wird sehr spannend», sagt
Projektleiter Hartmut Müller. «Wir fiebern diesem Termin schon seit
fünf Jahren entgegen.»

Im Inneren des zylinderförmigen Satelliten befindet sich ein kleines
Gewächshaus mit Tomatensamen. Noch befinden sich diese im
Schlafmodus, wie Müller erläutert. Im All sollen die Pflanzen zu
sprießen beginnen - und zwar unter ganz besonderen Bedingungen: so
wie auf Mond und Mars. Dafür wird der Satellit erst ein halbes Jahr
lang die Gravitation auf dem Mond und danach ein halbes Jahr lang die
auf dem Mars simulieren.

Möglich macht das eine Technik, die nach Angaben von Müller
einzigartig ist. Der Satellit erzeugt Gravitation, indem er rotiert.
Dabei kommt er ohne herkömmlichen Antrieb aus. Stattdessen nutzt er
das Magnetfeld der Erde, von dem er sich mit Hilfe einer
elektromagnetischen Spule abstößt. Deshalb schauen die Forscher nicht
nur mit Spannung auf die Entwicklung der Tomatenpflanzen, sondern
auch auf die neuartige Technik. «Ob die funktioniert, sehen wir
ziemlich schnell», sagt Müller. Etwa zwei Wochen nach dem Start wird
sich herausstellen, ob alles planmäßig läuft.

Auf die Ergebnisse der Tomatenzucht müssen die Biologen vom DLR in
Köln und der Universität Erlangen etwas länger warten. Diese sollen
voraussichtlich nächstes Jahr vorliegen. Dabei geht es ihnen nicht um
die Frage, ob Tomaten im Weltraum überhaupt wachsen. Dass Pflanzen
das auch ohne und unter weniger Schwerkraft können, haben bereits
Experimente auf der Internationalen Raumstation ISS bewiesen. Die
Wissenschaftler wollen das kleine Ökosystem im Inneren des Satelliten
als Ganzes testen.

Dieses basiert auf einem geschlossenen Kreislauf, wie er für den
Anbau von Gemüse auf Mond oder Mars notwendig wäre. Wasser, Luft und
Nährstoffe müssen immer wieder recycelt werden, denn Nachschub von
der Erde zu liefern wäre zu aufwendig und teuer. In dem fliegenden
Gewächshaus sollen zwölf Tomatenpflanzen auf künstlichem Substrat
wachsen. Bakterien helfen dabei, aus künstlichem Urin eine
Düngelösung zu gewinnen. Augentierchen, bewegliche Einzeller,
produzieren Sauerstoff für die Bakterien und die keimenden Tomaten.

16 Kameras werden rund um die Uhr aufzeichnen, wie sich die Pflanzen
entwickeln. Üppige Früchte erwarten die Forscher nicht: Für sie ist
es schon ein Erfolg, wenn die Pflanzen keimen und ein bisschen
wachsen.