Ärzte begrüßen parlamentarische Debatte über Bluttests

Mehr als 100 Abgeordnete wollen, dass das Parlament grundlegend
darüber diskutiert, wie weit Gen-Untersuchungen zur Gesundheit
ungeborener Kinder gehen sollen. Mediziner unterstützen das.

Berlin (dpa) - Die Bundesärztekammer begrüßt eine im Bundestag
angestrebte Klärung ethischer Fragen bei Bluttests für Schwangere
etwa auf ein Down-Syndrom des Kindes. «Da man mit diesen Tests
potenziell ein weites Spektrum an genetischen Erkrankungen abprüfen
kann, muss man sich fragen: Was darf man machen, was soll die Kasse
bezahlen?», sagte Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery der
Deutschen Presse-Agentur. «Da ist für uns eine parlamentarische
Debatte ausgesprochen wichtig.»

Er sei der Meinung, «dass man jedenfalls bei gravierenden
Erkrankungen mit Wissensverboten nicht weiterkommt». Gebraucht werde
aber eine gute Aufklärung über die Konsequenzen - über die Folgen
einer möglichen Abtreibung genauso wie darüber, was es für Familien
bedeute, wenn das Kind geboren werde.

Ähnlich äußerte sich CDU-Generalsekretärin Annegret
Kramp-Karrenbauer. «Je leichter zugänglich und handhabbar ein Test
ist, umso niederschwelliger und intensiver muss eine Beratung und
Begleitung der Eltern während und nach dem Test sein», sagte sie der
Düsseldorfer «Rheinischen Post» (Samstag). «Sonst lassen wir Eltern

alleine und setzen falsche politische Signale.»

Den Anstoß zu einer Grundsatzdiskussion über solche Tests hatten
Parlamentarier von Union, SPD, Grünen, Linken und FDP am Freitag
gegeben. Mehr als 100 Abgeordnete unterstützen die Initiative, die
auf eine offene Debatte im Bundestag voraussichtlich Anfang kommenden
Jahres zielt. Hintergrund ist auch eine Prüfung des Gemeinsamen
Bundesausschusses des Gesundheitswesens, in welchen Fällen die
gesetzlichen Kassen solche Tests künftig bezahlen könnten.

Montgomery sagte, man werde auf Dauer nicht gänzlich verbieten
können, dass es derartige Tests gibt. «Aber wenn es sie gibt, müssen

wir parlamentarisch festlegen, inwiefern diese Gesellschaft Wissen
beschränken will oder nicht.» Eine reine Geschlechtsbestimmung, wegen
der in manchen Ländern wie Indien oder China weibliche Ungeborene
abgetrieben werden, müsse man per Gesetz grundsätzlich ausschließen.

Eine solche Bestimmung könnte nur dann erwogen werden, wenn es um
bestimmte Krankheiten gehe, die nur bei Jungen oder nur bei Mädchen
auftreten. «Das zeigt, dass diese Fragen wirklich schwierig sind.»

Nötig sei auch eine breite gesellschaftliche Debatte, sagte der
Ärztepräsident. Einfach nur die Erstattungsfähigkeit durch die
Krankenkassen abzulehnen, reiche sicher nicht. «Zumal dann nur
diejenigen einen Test vornehmen lassen können, die es sich leisten
können.» Montgomery betonte zugleich, dass es auch ein «Recht auf
Nichtwissen» gebe. «Kein Mensch darf gezwungen werden, diesen
Bluttest zu machen. Frauen sollten immer sagen können, dass sie auf
den Moment der Geburt warten wollen.»

Bei einem Down-Syndrom haben Menschen in jeder Zelle ein Chromosom
mehr als andere Menschen. Folgen sind körperliche Auffälligkeiten und
eine verlangsamte motorische, geistige und sprachliche Entwicklung.
Die Ausprägungen sind aber sehr unterschiedlich.

Seit 2012 werden Schwangeren vorgeburtliche Bluttests angeboten, die
unter anderem untersuchen, ob das Kind mit Down-Syndrom auf die Welt
kommen würde. Lange hatte sich dies zuvor während der Schwangerschaft
nur mit einer riskanteren Fruchtwasseruntersuchung abschätzen lassen.

Die FDP-Gesundheitspolitikerin Katrin Helling-Plahr sagte der dpa,
sie halte es für ethisch nicht vertretbar, die Möglichkeit einer
risikofreien Diagnose von der finanziellen Lage der Schwangeren
abhängig zu machen. Die Bluttests müssten daher bei entsprechender
Indikation zur Kassenleistung werden.