Verfahren über Abtreibungsparagrafen vor Landgericht Gießen gestartet

Gießen (dpa/lhe) - Vor dem Landgericht Gießen hat am Freitagmorgen
das Berufungsverfahren gegen die Ärztin Kristina Hänel wegen
verbotener Werbung für Schwangerschaftsabbrüche begonnen. Vor dem
Gericht demonstrierten etwa 150 Menschen für die Abschaffung des
umstrittenen Paragrafen 219a, der das Anbieten, Ankündigen oder
Anpreisen von Schwangerschaftsabbrüchen untersagt. Auf Plakaten hieß
es: «Frauen haben ein Recht auf Information» und «Informationen
schützen Frauenleben».

Die Allgemeinmedizinerin hatte Rechtsmittel eingelegt, nachdem sie
vom Amtsgericht zu 6000 Euro Strafe verurteilt worden war. Sie bietet
auf ihrer Internetseite Abtreibungen als Leistung an und stellt
Informationen zum Thema bereit. Das Amtsgericht wertete dies als
Verstoß gegen Paragraf 219a des Strafgesetzbuches

Bei einem Schwangerschaftsabbruch handele es sich nicht um eine
normale Leistung wie das Herausnehmen eines Blinddarms, befand das
Amtsgericht vor knapp einem Jahr. Hänel sagte vor der Verhandlung,
sie würde es begrüßen, wenn ihr Fall dem Bundesverfassungsgericht
vorgelegt werde, um eine grundsätzliche und juristische Klärung zu
erreichen. Sie wolle ein Informationsrecht für Frauen durchsetzen,
damit sie verantwortliche Entscheidungen treffen könnten.

Der Fall hatte bundesweit Debatten um Änderungen des
Abtreibungsrechts ausgelöst. In Kassel sind in einem ähnlichen
Verfahren gleich zwei Frauenärztinnen angeklagt. Für das Verfahren
vor dem Landgericht Gießen ist bisher ein Verhandlungstag angesetzt,
das Urteil könnte also noch am Freitag fallen.