Bluttests auf Down-Syndrom auf dem Prüfstand Von Sascha Meyer und Basil Wegener, dpa

Sollen die Krankenkassen werdenden Müttern Tests bezahlen, mit denen
das Kind auf Down-Syndrom untersucht werden kann? Die frühere
Gesundheitsministerin und Lebenshilfe-Chefin mahnt zur genauen
Abwägung.

Berlin (dpa) - Die frühere Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt
hat eine gesellschaftliche Debatte über Bluttests für Schwangere auf
ein mögliches Down-Syndrom des Kindes gefordert. «Es geht um die
Frage: Wollen wir, dass bei allen schwangeren Frauen ein Bluttest auf
Down-Syndrom des Kindes gemacht wird?», sagte die
SPD-Bundestagsabgeordnete der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
«Soll der Test als Reihenuntersuchung auf Kosten der Krankenkassen
eingeführt werden?»

An diesem Freitag wollen Abgeordnete der Union, der SPD, der Grünen,
der FDP und der Linken so eine Diskussion über ethische Fragen bei
diesen Bluttests anstoßen. Hintergrund des Vorstoßes ist auch ein
laufendes Verfahren, in welchen Fällen solche Tests künftig von den
gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden könnten.

Menschen mit Down-Syndrom kämen mit ihrer Perspektive auf ihr Leben
und diese Tests bisher nicht zu Wort, kritisieren die Abgeordneten.
Daher sei es nötig, eine parlamentarische Debatte zu beginnen, um
ethische und gesetzgeberische Fragen in Zusammenhang mit der
Zulassung solcher Diagnoseverfahren auszuleuchten.

Schmidt, die auch Vorsitzende der Bundesvereinigung Lebenshilfe ist,
mahnte, würden die Bluttests als Reihenuntersuchung eingeführt, «wä
re
das ein Signal, dass Down-Syndrom vermieden werden sollte». Menschen
mit Down-Syndrom würden sich zu Recht abgewertet fühlen.

«Eine standardmäßige Anwendung der Tests würde noch zu weiteren
Problemen führen», sagte Schmidt weiter. «Denn ein positives
Testergebnis ist bei bis zu 18 Prozent der Frauen falsch. Es wird
also in fast jedem fünften Fall Trisomie diagnostiziert, obwohl keine
vorhanden ist.»

Bei einem Down-Syndrom haben die Menschen in jeder Zelle ein
Chromosom mehr als andere Menschen. Das Chromosom 21 ist dreifach
vorhanden, daher auch die Bezeichnung Trisomie 21. Folgen sind
körperliche Auffälligkeiten und eine verlangsamte motorische,
geistige und sprachliche Entwicklung. Die Ausprägungen sind aber sehr
unterschiedlich.

«Der Test sollte allenfalls in Risikofällen durchgeführt werden»,
sagte Schmidt. «Dazu bedarf es aber einer umfassenden Beratung und
Aufklärung der Paare durch qualifizierte Ärztinnen und Ärzte, so wie

es das Gendiagnostik-Gesetz bereits vorschreibt.» Zu dieser Beratung
gehöre dann auch eine umfassende Beratung über das Leben mit
Down-Syndrom.

«Bei einer Indikation und nach Beratung soll der Test, wie bei
anderen Verfahren auch, meiner Meinung nach dann auch von den Kassen
übernommen werden», erläuterte Schmidt. Breite ethische Debatten im
Parlament hätten auch in anderen Fällen, wie bei der
Präimplantationsdiagnostik, zu bewussteren und verantwortungsvolleren
Lösungen geführt - und zu besserer Beratung und Unterstützung für
Betroffene.

Seit 2012 werden Schwangeren vorgeburtliche Bluttests angeboten, die
unter anderem untersuchen, ob das Kind mit Down-Syndrom auf die Welt
kommen würde. Lange hatte sich zuvor während der Schwangerschaft nur
mit einer riskanteren Fruchtwasseruntersuchung abschätzen lassen, ob
das Kind eines seiner Chromosomen drei- statt zweifach besitzt.

Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Peter Dabrock, sagte dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitag), man müsse akzeptieren, dass
Eltern Klarheit über den Gesundheitszustand ihre Kindes haben
wollten. «Auch wenn es gesellschaftlich nicht mehr erwünscht ist, zu
sagen, man wolle kein behindertes Kind: Im tiefsten Innern wünschen
sich doch alle Eltern gesunden Nachwuchs. Und ein Gentest hat im
Unterschied zu den herkömmlichen Untersuchungsmethoden keine
Nebenwirkungen.» Er betonte zugleich, das gesellschaftliche Klima im
Umgang mit Behinderung sei deutlich besser geworden. «Bei dieser
gewandelten Einstellung muss und kann man ansetzen, damit die
pränatale Selektion nicht zu einer gesellschaftlichen Norm wird.» Es
gehe unter anderem um die Frage, wie Behinderte noch besser gefördert
und integriert werden können. «Empörungsdebatten gegen Gentests
helfen niemandem, auch Menschen mit Behinderung nicht.»