Glyphosat-Prozess gegen Monsanto dürfte neu aufgerollt werden

Im ersten US-Prozess um Krebsrisiken von Unkrautvernichtern der
Bayer-Tochter Monsanto bahnt sich eine Kehrtwende an. Das
Gerichtsurteil vom August, wonach ein Krebspatient Schadenersatz in
dreistelliger Millionenhöhe erhalten soll, steht auf der Kippe.

San Francisco (dpa) - Die Bayer AG darf sich Hoffnung machen, dass
das millionenschwere Schadenersatzurteil im ersten US-Prozess um
angeblich verschleierte Krebsrisiken von Unkrautvernichtungsmitteln
der Tochter Monsanto wieder gekippt wird. Die zuständige Richterin
Suzanne Ramos Bolanos kündigte am Mittwoch vor einer entscheidenden
Berufungsanhörung in San Francisco an, dass der Fall wohl - wie von
Bayer und Monsanto gefordert - in einem zweiten Prozess neu
aufgerollt wird. Dabei handele es sich jedoch zunächst nur um eine
vorläufige Entscheidung, betonte eine Gerichtssprecherin.

Im August hatte eine Jury des Gerichts in Kalifornien Monsanto zu
einer Schadenersatzzahlung von insgesamt 289 Millionen Dollar (251
Mio Euro) an den an Lymphdrüsenkrebs erkrankten Kläger Dewayne «Lee
»
Johnson verurteilt. Die Geschworenen sahen es als erwiesen an, dass
Monsanto-Produkte mit dem Wirkstoff Glyphosat krebserregend sind und
der Hersteller davor nicht ausreichend gewarnt und die Risiken
verschleiert hat. Bayer legte Berufung ein und fordert, dass der Fall
wegen unzureichender Beweise neu verhandelt wird. Dem stimmte die
Richterin nun auf vorläufiger Basis zu.

Bei Anlegern kam die Entscheidung gut an. Der Aktienkurs von Bayer
legte im nachbörslichen Handel in einer ersten Reaktion um fast fünf
Prozent im Vergleich zum Xetra-Schlusskurs zu. Nach dem Urteil im
August war es zu einem heftigen Kurseinbruch gekommen.

Für Monsantos Konzernmutter Bayer, die den US-Saatgutriesen mit Sitz
in St. Louis erst Mitte des Jahres für rund 63 Milliarden Dollar
übernommen hatte, ist die Entscheidung des Gerichts von enormer
Bedeutung. Denn in den USA laufen rund 8700 Klagen wegen möglicher
Erkrankungen durch Glyphosat gegen Monsanto. Bayer muss sich nun mit
ihnen auseinandersetzen. Der Fall Johnson ist besonders brisant, da
es sich um das erste Urteil handelt und es richtungsweisend für die
zahlreichen weiteren Klagen sein könnte.

Bei dem 46-jährigen Kläger Johnson war 2014 Lymphdrüsenkrebs
diagnostiziert worden. Er machte Unkrautvernichter von Monsanto wie
die Produkte Roundup und Ranger Pro für seine Krankheit
verantwortlich, mit denen er in seinem früheren Job als Platzwart an
kalifornischen Schulen häufig hantierte. Johnson dürfte nach
Einschätzung seiner Ärzte wegen seines fortgeschrittenen Krebsleidens
nicht mehr lange leben, deshalb hatte er in Kalifornien Anrecht auf
einen schnelleren Prozessbeginn.

Die Frage, ob Monsantos Verkaufsschlager Roundup zu Krebs führen
kann, ist allerdings hoch umstritten. Die Internationale
Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stufte
den weltweit verbreiteten Unkrautvernichter 2015 zwar als
«wahrscheinlich krebserregend» für Menschen ein. Monsanto und Bayer
weisen dies jedoch vehement zurück und verweisen auf «mehr als 800
wissenschaftliche Studien, die US-Umweltbehörde EPA, die Nationalen
Gesundheitsinstitute und Aufseher weltweit», die zu dem Schluss
gekommen seien, dass Glyphosat sicher sei und keinen Krebs
verursache.