Unionspolitiker rufen vor Bayernwahl zu Geschlossenheit auf

CSU und CDU stehen bei den Wahlen in Bayern und Hessen vor einem
Desaster - und die CSU-Spitze streitet weiter. Kommt der Appell zur
Geschlossenheit zu spät?

Kiel (dpa) - Eine Woche vor der Landtagswahl in Bayern haben führende
Vertreter von CDU und CSU die zerstrittene Union aufgerufen, mit
Geschlossenheit das Ruder noch herumzureißen. Es könne nicht angehen,
dass schon vor einer Wahl öffentlich darüber geredet werde, wer
Schuld an der Niederlage sei, machte CDU-Generalsekretärin Annegret
Kramp-Karrenbauer am Sonntag zum Abschluss des dreitägigen
Deutschlandtags der Jungen Union in Kiel deutlich. CDU und CSU
müssten sich nun darauf konzentrieren, die Wähler in Bayern und
Hessen von der Union zu überzeugen. Sie müsse endlich aufhören, sich

öffentlich zu streiten. 27 Prozent Zustimmung bundesweit in Umfragen
könnten nicht zufriedenstellen, machte sie klar.

Der Streit von CSU-Chef Horst Seehofer und Bayerns Ministerpräsident
Markus Söder sowie die gegenseitigen Schuldzuweisungen für die
miserablen Umfragewerte sorgen für anhaltende Verunsicherung in der
Union. Söder hatte vor allem die Bundespolitik dafür verantwortlich
gemacht. Er machte wiederholt deutlich, dass er Berlin aus dem
bayerischen Wahlkampf heraushalten wolle.

Seehofer, der CSU-Vorsitzender bleiben will, sagte daraufhin der
«Süddeutschen Zeitung» (Samstag): «Ich habe mich in den letzten sec
hs
Monaten weder in die bayerische Politik noch in die Wahlkampfführung
eingemischt.» Das sei das persönliche Vorrecht Söders. «Er ist
zuständig für strategische Überlegungen im Wahlkampf.»

CSU-Generalsekretär Markus Blume rief seine Partei in der «Bild am
Sonntag» zu einem stärkeren Zusammenhalt auf. «Ich kann nur raten,
jetzt alle Kraft auf das Überzeugen der noch unentschlossenen Wähler
in Bayern zu konzentrieren und sich nicht mit anderen Fragen zu
beschäftigen.»

In Bayern drohen der CSU schwere Verluste, zum Teil liegen die
Umfragen bei unter 35 Prozent. Dies könnte sich auch auf die
Landtagswahl zwei Wochen später in Hessen negativ auswirken. Der
Ausgang der Abstimmungen dürfte wiederum erhebliche Auswirkungen auf
den Wahlparteitag der CDU im Dezember haben, bei dem CDU-Chefin
Angela Merkel wohl wieder antreten will.

Merkel hatte in Kiel an beide Parteien appelliert, «dass wir uns
jetzt an die Wähler wenden und nicht miteinander Fingerhakeln
machen». Viele Wähler hätten sich noch nicht entschieden. Sie würde
n
es aber nicht gutheißen, wenn es Streit gebe und sie noch nicht
einmal verstünden, um was es gehe.

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rief ebenfalls zu Zusammenhalt
auf. «Wir als Union, wir wollen uns nicht spalten lassen, nicht als
Partei, nicht als Land, nicht als Bürger. Wir wollen Zusammenhalt
durch Zuversicht», rief Spahn den Delegierten und Gästen des
Deutschlandtags zu. Natürlich würden auch ihn die Umfragen umtreiben.
Es gelte jetzt, auf Sachthemen zu setzen, Veränderungen anzustoßen
und zu gestalten. Er wie auch andere CDU-Vertreter wiesen eine
Zusammenarbeit mit Linkspartei und AfD kategorisch zurück. Er wolle
nicht mit denen koalieren, er wolle die Wähler zurückgewinnen.

Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, dem nachgesagt wird,
in die Querelen auch verwickelt zu sein, beschwor die Geschlossenheit
der Schwesterparteien. «Die Gemeinsamkeit von CDU und CSU ist
unverrückbar, auch wenn wir uns im Detail mal unterscheiden.» Die CSU
gibt vor allem Merkel und ihrer großen Koalition die Schuld an den
miserablen Umfragewerten in Bayern. Dennoch hielt sich Dobrindt in
seiner Rede auf dem Deutschlandtag mit Kritik und Schuldzuweisungen
an die Kanzlerin sehr zurück. Merkel ihrerseits bezeichnete den lang
anhaltenden Streit mit der CSU über die Migrationspolitik als Ursache
für die schlechten Umfragewerte vor den beiden Landtagswahlen.

Offensichtlich mit Blick auf diesen Streit der vergangenen Monate
sagte Merkel den JU-Delegierten zu: «Lassen Sie uns nicht anfangen,
uns wieder in Gruppen zu teilen: die Migranten und die Deutschen, die
im Osten und die im Westen, die Griechen und die Italiener und die
Deutschen. Das Erste sind die Vorurteile, die kommen, das Zweite sind
die ausgesprochenen Gedanken, die Sprache, die Verhetzung, und das
Dritte sind die Taten gegen andere Gruppen.»

Der Deutschlandtag des Unions-Nachwuchses galt als Stimmungsbarometer
für die CDU-Vorsitzende. Merkel erhielt durchaus wohlwollenden
Beifall der ihr in der Regel sehr kritisch gegenüberstehenden
JU-Vertreter.