CDU-Politiker: Kramp-Karrenbauer geeignete Merkel-Nachfolgerin

Kann sie Kanzlerin? In einer Biografie bekommt die neue
CDU-Generalsekretärin viel Anerkennung von Parteifreunden. Es gibt
aber auch zurückhaltende Stimmen.

Berlin (dpa) - Führende CDU-Politiker halten Generalsekretärin
Annegret Kramp-Karrenbauer für eine geeignete Nachfolgerin von
Kanzlerin Angela Merkel. Die frühere saarländische
Ministerpräsidentin habe wie Merkel den eisernen Machtwillen, den es
brauche, um Kanzlerin zu werden, sagt der hessische Regierungschef
Volker Bouffier (CDU) in der am 12. Oktober bei Ullstein/Propyläen
erscheinenden Kramp-Karrenbauer-Biografie der «Rheinischen
Post»-Journalistinnen Kristina Dunz und Eva Quadbeck. «Natürlich kann

sie Kanzlerin. Ich traue ihr das zu.»

Bouffier argumentiert in der Biografie unter dem Titel «Ich kann, ich
will und ich werde», die 56-jährige Kramp-Karrenbauer sei «für den

Fall der Fälle eine sehr gute Alternative» zu Merkel. Über
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), dem auch Ambitionen auf das
Kanzleramt nachgesagt werden, sagt Bouffier, dieser sei «eine sehr
interessante Persönlichkeit». Aber Spahn «verfügt sicher zurzeit no
ch
nicht über diese breite Akzeptanz» wie Kramp-Karrenbauer.

Nach den Worten von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel
Günther (CDU) hatte Kramp-Karrenbauer im Sommer großen Anteil daran,
dass die Unionsgemeinschaft und die Regierung im Streit über
Zurückweisungen von Migranten an der Grenze nicht
auseinandergebrochen seien. «Kramp-Karrenbauer hat sehr stark nach
innen kommuniziert, die Partei mitgenommen und transparent agiert.
Das war enorm stabilisierend. Sie hat das brillant gemacht.»

Der dem konservativen CDU-Flügel zuzuordnende sächsische
Ministerpräsident Michael Kretschmer sagt über Kramp-Karrenbauer:
«Wenn sie Kanzlerkandidatin werden will, hat sie alle Chancen.» Er
ergänzt aber, auch Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz, Spahn oder
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen seien für das Amt
vorstellbar. Der Chef der Jungen Union (JU), Paul Ziemiak, findet
Kramp-Karrenbauer «angenehm». Den Autorinnen sagte er: «Sie ist
uneitel, kann auf Menschen zugehen. Sie ist zugänglich und herzlich.»

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) attestiert
Kramp-Karrenbauer in dem Buch, sie sei wie Merkel stets unterschätzt
worden. «Sie ist keine Lautsprecherin. Auch im Erfolg bleibt sie eher
still und zurückhaltend. Ich traue ihr die Kanzlerkandidatur zu.»
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne)
sagte den Autorinnen, Kramp-Karrenbauer mache Politik mit Klarheit
und Härte. Aber: «Keiner von uns Ministerpräsidenten kann Angela
Merkel das Wasser reichen. Sie spielt in einer ganz anderen Liga.»

Kramp-Karrenbauer warnt in der Biografie, die Parteienlandschaft sei
in Gefahr. «Wir stehen am Scheideweg. In der politischen Landschaft
in Deutschland geht es um die Frage, ob die wertebasierten
Programmparteien eine Zukunft haben.» Die Parteiarbeit in der CDU sei
unter Merkel angesichts internationaler Krisen zu kurz gekommen. «Die
CDU hat ein echtes Bedürfnis, Debatten zu führen und sich über
Positionen zu versichern, aus welchen Motiven und mit welchen Zielen
etwas entschieden wird.»

Überraschend sind Kramp-Karrenbauers Äußerungen im Zusammenhang mit
dem von CSU-Chef Horst Seehofer im Migrationsstreit später zurück
genommenen Rücktrittsangebot. Hätte Seehofer seine Ankündigung mit
der Aufforderung an Merkel verbunden, auch zurückzutreten, hätte es
nach den Worten der Generalsekretärin einen Sonderparteitag geben
müssen. «Man hätte auf einem solchen Parteitag klären müssen, ob
die
Haltung, die sie vertritt, bei den Delegierten die Mehrheit gefunden
hätte.» Auf die Frage, ob sie selbst die Härte - auch gegen sich
selbst - besitze, ohne die niemand ins Kanzleramt komme, sagt
Kramp-Karrenbauer: «Wenn mit «Härte» Selbstdisziplin gemeint ist -

die gehört zum Leben dazu.»

Als Lehre aus dem jahrelangen Flüchtlingsstreit mit der CSU zieht
Kramp-Karrenbauer den Schluss, in Konflikten einen Kampf um Begriffe
«mit aller Härte» zu führen. «Man darf nicht zulassen, dass sich

irreführende Begriffe und Aussagen festsetzen. Denn diese Begriffe
vergiften die Stimmung seit 2015», sagte sie. «In dem Moment, in dem
man Begriffe der Populisten übernimmt, haben sie schon den ersten
Sieg eingefahren. Und wir haben durch unseren Streit in der Union
Begriffe der AfD hoffähig gemacht.»