Bund kürzt 13 NS-Opfern wegen Heimaufenthalts die Opferrente

Berlin (dpa) - Wegen eines Aufenthalts in einem Pflegeheim hat die
Bundesregierung 13 Opfern des Nationalsozialismus die Entschädigungen
gekürzt. Sie erhalten nur noch 352 Euro im Monat, wie aus einer
Antwort der Parlamentarischen Finanz-Staatssekretärin Bettina
Hagedorn (SPD) an die Linke-Fraktion hervorgeht, die der Deutsche
Presse-Agentur vorliegt. Das Ministerium argumentiert, dass bei einem
Umzug in ein Heim andere Einrichtungen hinzutreten, die Kosten
übernehmen und sich damit der finanzielle Bedarf ändere.

Insgesamt erhalten derzeit noch 149 lebende Opfer von NS-Unrecht
wie Euthanasie-Geschädigte, Zwangssterilisierte, Homosexuelle und
Deserteure Opferrenten nach den Richtlinien des Allgemeinen
Kriegsfolgengesetz (AKG). Im Schnitt etwa 600 Euro, bei den derzeit
13 gekürzten Opferrenten geht es für den Bund um Einsparungen von
insgesamt rund 4000 Euro im Monat - dabei stellt sich vor allem die
Frage nach der Wirkung der Kürzungen bei den NS-Opfern. Die Regelung
war 2014 unter Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) eingeführt
worden. 

Aufsehen erregte zuletzt der Fall des am 5. Juli in Bremen
gestorbenen Wehrmachtsdeserteurs und späteren Friedensaktivisten
Ludwig Baumann. Weil er offenbar zu spät den Umzug in ein Pflegeheim
gemeldet hatte, erhielt sein Sohn nach dem Tod eine
Rückzahlungsforderung über rund 4000 Euro - Absender war eine dem
Bundesfinanzministerium untergeordnete Zollbehörde. 

Baumann, der wegen Kriegsverrats erst zum Tode verurteilt und dann in
ein Konzentrationslager gekommen war, bezog seit 1993 Opferrente.
2017 zog der Träger des Aachener Friedenspreises in ein Heim; statt

660 Euro wurde für die Zeit nur ein «Heimtaschengeld» von 352 Euro
bewilligt. 2015 hatte der heute zuständige Bundesfinanzminister Olaf
Scholz (SPD) als Hamburgs Bürgermeister noch mit Baumann ein Denkmal
für Deserteure in der Hansestadt eingeweiht. Eine dpa-Anfrage, ob das
Ministerium weiter auf der Rückzahlung durch Baumanns Sohn besteht,
blieb bisher unbeantwortet. 

Die Linke will nun zügig einen Antrag in den Bundestag einbringen, um
die Kürzungsregelung bei einem Umzug in ein Pflegeheim
aufzuheben. «Diese Regelung ist überhaupt nicht nachvollziehbar und
hochgradig beschämend», sagte der Fraktionsgeschäftsführer Jan Kort
e.
«Für den Staat geht es hier um Peanuts, für die wenigen überlebende
n
Opfer geht es hingegen um ihre Würde und zum Teil existenzielle
Fragen.»