Von Lachmuskeln und Balanceakten: Wie Gesundheitswandern jung hält Von Florentine Dame, dpa

Mit sogenannten Gesundheitswanderungen zielt der Deutsche
Wanderverband auf Couch-Potatos und ältere Wandereinsteiger. Ein
Ausflug mit rüstigen Senioren an den Rhein zeigt: Mit wenig Training
und viel Spaß kann man schon viel erreichen.

Düsseldorf/Detmold (dpa) - Nur noch wenige Tage wie diesen braucht
Gila Böhm, dann darf sie sich mit dem Goldenen Wanderabzeichen
schmücken. «Es klingt vielleicht albern, aber es tut mir gut, dass
ich mir solche Ziele setze und sehe, dass ich sie erreiche», sagt die
82-Jährige. Mit 15 anderen Senioren ist sie unterwegs im
Naturschutzgebiet Urdenbacher Kämpe im Düsseldorfer Süden. Gemeinsam

wandern sie einmal in der Woche bis zu sechs Kilometer.

Doch es geht nicht darum, Strecke zu machen: Immer wieder halten sie
auf ihrer Tour an, machen Kräftigungsübungen, Balance- und
Gedächtnistraining. «Und wir trainieren die Lachmuskeln», sagt ein
Teilnehmer. Gesundheitswandern heißt diese Light-Version des
Volkssports, dessen großes Jahrestreffen, der Deutsche Wandertag,
diese Woche noch bis zum kommenden Montag in Detmold begangen wird.

Die rüstige Rentnergruppe aus Düsseldorf wird angeleitet von Otto
Bremm. Er gehört zu den ersten Gesundheitswanderführern, die der
Deutscher Wanderverband (DWV) seit 2009 geschult hat. Seit vielen
Jahren betreut er mehrere Gruppen.

Deutschlandweit haben sich in den vergangenen Jahren inzwischen 755
Gesundheitswanderführer zertifizieren lassen. Das in den Startjahren
vom Bundesgesundheitsministerium geförderte Programm zielt dabei
weniger auf den passionierten Wanderer mit dem Anspruch, Berge zu
erklimmen oder Kilometer zu machen. Gesundheitswandern richtet sich
eher an Einsteiger oder jene, die durch zunehmende Gebrechen zum
Ausstieg aus dem Sport gezwungen wurden. Im Schnitt spricht das
Programm dem DWV zufolge Senioren über 60 Jahren an, in der Mehrheit
sind es Frauen.

Untersuchungen hätten gezeigt, dass der Wunsch, etwas für die
Gesundheit zu tun, zu den wichtigsten Motiven von Wanderern zählt,
sagt Christine Merkel vom Wanderverband. «Gesundheitswandern soll da
ein niedrigschwelliges Angebot sein», sagt die DWV-Mitarbeiterin für
den Bereich. Die vergleichsweise kurzen Strecken überfordern auch
Sportmuffel nicht, Tempo und Übungen richten sich nach Bedürfnissen
der Teilnehmer.

Auch viele in der Düsseldorfer Wandertruppe bringen allerlei
Einschränkungen mit, wie Otto Bremm sagt: Hüft- und Bypass-OPs oder
Stürze liegen hinter ihnen. «Aber die Krankheiten spielen hier selten
eine Rolle.» Stattdessen wird viel gelacht: Über Helmuts schöne
Waden, die er ganz schön anstrengen muss, um auf einem Bein stehend
die Balance zu halten. Oder über das lustige Bild, das die Teilnehmer
bei einer Koordinationsübung abgeben, wild mit den Armen rudernd.
«Mir tut die Gruppe gut», sagt Wanderer Hartmut Fligge. Er habe
früher eher argwöhnisch auf Sport geschaut. «Vereinssport, nein
danke, war eher mein Motto», sagt der 69-Jährige.

Der gesundheitsfördernde Nutzen des wohldosierten Wanderns mit
Unterwegs-Übungen ist sogar wissenschaftlich belegt. Er sei erstaunt
gewesen über die hohe Wirksamkeit nach nur wenigen Wochen, sagt Prof.
Kuno Hottenrott von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Der Blutdruck der Probanden sank demnach, ihre Ausdauer verbesserte
sich ebenso wie die Koordinationsfähigkeit. «Deswegen überzeugt ein
Angebot wie das Gesundheitswandern auch sehr viele - gerade für
Sporteinsteiger ideal», sagt der Sportwissenschaftler. Anders als
etwa beim Joggen könnten auch Ungeübte hier schnell Erfolge erzielen.
«Niemand muss sich körperlich überfordern am Anfang, sondern man kann

das Gehtempo und die Strecke langsam steigern», sagt Hottenrott.

Eine Trendwende in Sachen Bewegung sei auch dringend notwendig,
betont er: Zwar komme in der Bevölkerung immer mehr an, wie wichtig
sportliche Aktivität für Gesundheit und Wohlbefinden seien. «Aber den

inneren Schweinehund überwinden noch zu wenige», sagt Hottenrott.
Denn: Mit steigendem Alter nimmt die körperliche Aktivität ab. Laut
Statistischem Bundesamt treibt nur ein Drittel der über 55-Jährigen
mehr oder weniger regelmäßig Sport. Ein Sechstel geht noch nicht
einmal mindestens zehn Minuten pro Woche zu Fuß. Dabei empfiehlt die
Weltgesundheitsorganisation Senioren mindestens 150 Minuten moderate
Aktivität wöchentlich.

Die Gesundheitswanderer am Rhein haben ihr Pensum für den Tag hinter
sich gebracht und können sich belohnen: «Der Kaffee und Plausch
danach gehört einfach dazu», sagt Otto Bremm.