Regierung will Tarifbindung für Pflegeberufe durchsetzen

Schon jetzt werden in Deutschland Pflegekräfte händeringend gesucht.
Und das Problem wird sich noch verschärfen. Aber wieso sollte
jemanden diesen Beruf ergreifen, der oft nicht ordentlich bezahlt
wird? Der Bundesgesundheitsminister weiß, was sich ändern muss.

Berlin (dpa) - Um den Pflegeberuf attraktiver zu machen, muss es aus
Sicht von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn für die Beschäftigten
künftig Tarifverträge geben. Ziel sei «Tarifgebundenheit in allen
Einrichtungen», sagte der CDU-Politiker am Montag im «Morgenmagazin»

des ZDF. «80 Prozent der Altenpflege-Einrichtungen sind nicht
tarifgebunden. Und das wollen wir ändern, indem wir regelhaft zu
einer Tarifbezahlung kommen.» Das sei rechtlich schwierig, räumte
Spahn ein.

Bundeskanzlerin Angela Merkel besuchte am Nachmittag ein Altenheim in
Paderborn. Sie löste damit ein Versprechen aus dem Wahlkampf ein. In
einer Fernsehsendung hatte sie dem Fachpfleger Ferdi Cebi auf dessen
Einladung hin zugesagt, ihn einmal bei seiner Tätigkeit zu begleiten.
Cebi hatte ihr in der Sendung von Personalnot und schlechter
Bezahlung in der Pflege berichtet.

«Anerkennung drückt sich ja nicht nur in Worten aus», betonte Spahn.

«Die sind wichtig. Auch der Besuch der Kanzlerin, finde ich, ist ein
starkes Zeichen. Aber es geht eben auch um Geld, um ein gutes
Gehalt.» Gefragt, was ein Pfleger nach der Ausbildung seiner Ansicht
nach verdienen sollte, antwortete der Minister, 2500 bis 3000 Euro
sollten möglich sein. «Das ist zu oft nicht der Fall, wenn wir in
Deutschland schauen.» Er hätte außerdem gern weniger Leiharbeit in
der Pflege und mehr feste Stellen in den Pflegeeinrichtungen.

Nach einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
(IAB) verdienen Fachkräfte in der Krankenpflege im Durchschnitt
monatlich 3239 Euro, in der Altenpflege lediglich 2612 Euro.
Erheblich sind die regionalen Unterschiede: Im Jahr 2016 schwankte
das Bruttoeinkomen einer Vollzeit-Fachkraft in der ALtenpflege
zwischen 2937 Euro in Baden-Württemberg und 1985 Euro in
Sachsen-Anhalt.

Zustimmung bekam Spahn von der Gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV). «Wer gute Pflege will, muss diese auch gut bezahlen», sagte
der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz, der Deutschen
Presse-Agentur. «Ein flächendeckender Tariflohn für alle Pflegekräf
te
wäre ein ebenso großer wie wichtiger Schritt nach vorne.»

Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz nannte es «überfällig»,

Pflegekräfte bundesweit nach Tarif zu entlohnen. «Wenn der
Bundesgesundheitsminister eine solche Zusage gibt, darf es aber kein
Versprechen zu Lasten Dritter sein», sagte Vorstand Eugen Brysch am
Montag der dpa. Denn in der Altenpflege würden diese Kosten direkt an
die Pflegebedürftigen weitergereicht. «50 Prozent der Heimbewohner
sind heute schon auf Sozialhilfe angewiesen. Daher müssen Merkel und
Spahn verbindlich erklären, dass das benötigte Geld für angemessene
Löhne von der Pflegeversicherung und aus Steuermitteln getragen
wird.»