Online-Spielsucht jetzt offiziell Krankheit

Es ist umstritten, aber die Weltgesundheitsorganisation erkennt
Online-Spielsucht nun als Krankheit an. Sie will keinen Freizeitspaß
verteufeln, sondern definiert klare Alarmzeichen für eine Sucht.

Genf (dpa) - Gegen die Kritik vieler Wissenschaftler sieht die
Weltgesundheitsorganisation (WHO) Online-Spielsucht nun als
eigenständige Krankheit an. In ihrem am Montag veröffentlichten
Katalog der Krankheiten (ICD-11) steht exzessives Online-Spielen
unter anderen Suchtkrankheiten wie Glücksspielsucht. Kritiker
fürchten, dass Menschen, die viel online spielen, fälschlich als
therapiebedürftig eingestuft werden könnten.

Die WHO beschreibt in dem Katalog nach ihren Angaben eindeutige
Symptome, die Ärzten die Diagnose erleichtern sollen. Dazu gehört,
dass ein Mensch alle anderen Aspekte des Lebens dem Online-Spielen
unterordnet und trotz negativer Konsequenzen weitermacht, und dies
über einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten.

Betroffene sollen nach Meinung von Vladimir Poznyak vom WHO-Programm
Suchtmittelmissbrauch in Kliniken behandelt werden, die bereits
andere Patienten beim Entzug unterstützen. Er hofft, dass das neue
Phänomen, das vor allem junge Leute betreffe, besser erforscht wird.

Der Katalog wurde zuletzt vor 28 Jahren neu gefasst. Er enthält mehr
als 55 000 Klassifizierungscodes für Krankheiten, Verletzungen und
Todesursachen und soll damit auch weltweite Statistikerhebungen
erleichtern. Er muss von der Weltgesundheitsversammlung im kommenden
Jahr noch abgesegnet werden und gilt dann offiziell ab Januar 2022. 

Der Katalog enthält auch erstmals ein Kapitel über traditionelle
Medizin und ein Kapitel über Sexualgesundheit. Darunter ist etwa
«unklare Geschlechtsidentifizierung» gefasst - was früher unter
psychischen Krankheiten gelistet war.