Merkel, Seehofer und Co - die Akteure im Asylstreit

Berlin (dpa) - Im erbitterten Asylstreit zwischen CDU und CSU haben
längst nicht alle Beteiligten dieselbe Motivation und verfolgen
dieselben Ziele. Eine Übersicht über die Akteure im Machtkampf:

Angela Merkel - die Abwartende: Die Kanzlerin wurde von der
Heftigkeit der Auseinandersetzung mit der Schwesterpartei CSU über
die Flüchtlingspolitik offensichtlich überrascht. Dabei hätte sie
gewarnt ein müssen. Denn die Angriff kommen schon seit der
Flüchtlingskrise 2015. Der damalige CSU-Ministerpräsident und heutige
Bundesinnenminister Horst Seehofer drohte mit einer Verfassungsklage.
Der Vorwurf lautet im Kern: Weder die EU noch die Kanzlerin hätten
schnell und engagiert genug auf die Krise reagiert. Im Gegenteil:
Drei Jahre seien ins Land gezogen und weder die EU noch Merkel hätten
sich um eine wirksame Flüchtlingspolitik gekümmert. Einen Beleg für
ihre Position bekommen die CSU-Politiker aus der Bevölkerung. Nun
muss die Kanzlerin ihre bislang eher abwartende Haltung aufgeben -
und möglichst schnell im europäischen Rahmen bilatere Abkommen
erzielen.

Horst Seehofer - der Attackierende: Der Bundesinnenminister ist erst
seit März im Amt. Und es sind noch keine 100 Tage, da sorgt er für
die seit Jahren schwerste Krise in der Regierung. Als Minister für
Innen, Bau und Heimat, bekam ein «Superministerium», wie sein
Parteifreund Andreas Scheuer schwärmte. Im vergangenen März hatte
Seehofer sein Amt als bayerischer Ministerpräsident an seinen ärgsten
innerparteilichen Rivalen, Markus Söder, abgeben müssen, sicherte
sich aber für weitere zwei Jahre den CSU-Vorsitz. In der
Flüchtlingspolitik liegt er mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU)
spätestens seit Sommer 2015 über Kreuz, weil die Regierungschefin die
Grenzen nicht schließen ließ, als Hunderttausende kamen.

Markus Söder - der Wahlkämpfer: Der 51-Jährige ist seit März
bayerischer Ministerpräsident als Nachfolger von Horst Seehofer, der
Bundesinnenminister wurde. Von ihm hat er eine absolute Mehrheit im
Landtag übernommen. Söders Problem: Er will diese bei der
Landtagswahl am 14. Oktober verteidigen, was nach den Umfragen aber
schwierig wird - vor allem wegen der AfD, der ein zweistelliges
Ergebnis vorhergesagt wird. Dies kratzt am Selbstverständnis der CSU,
für die seit Franz Josef Strauß gilt, dass es rechts von ihr keine
demokratisch legitimierte Partei geben darf. Standhaftigkeit in der
Flüchtlingsfrage - das ist für Söder ein Eckpfeiler im Wahlkampf.
Deshalb steht er jetzt eng an der Seite Seehofers - nachdem er mit
diesem früher oft aneinandergeraten war.

Alexander Dobrindt - der Scharfmacher: Der CSU-Landesgruppenchef gilt
als Scharfmacher. Er war im Grunde der erste, der das Problem aus dem
«Masterplan Migration» von Seehofer benannte: Zurückweisung von
denjenigen Flüchtlingen an der Grenze, die mit ihren Fingerabdrücken
über Eurodag schon in anderen EU-Ländern registriert sind. Er gehört

seitdem neben CSU-Ministerpräsident Markus Söder zu den Hardlinern,
die keinen Schritt zurückweichen. Schließlich zogen sich am Mittwoch
- fast schon in einem symbolischen Akt - die CSU-Abgeordneten der
Unionsfraktion zu gesonderten Beratungen zurück. Deutlicher konnten
man die Konfrontation mit der Merkel-CDU nicht zum Ausdruck bringen.
Dobrindt lässt sich gerne mit den Merkel-Kritikern wie
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und FDP-Chef Christian Lindner
abbilden. Merkel wird das zur Kenntnis genommen haben.

Volker Bouffier - der Vermittler: Der hessische Ministerpräsident und
CDU-Vize steht wie Söder vor eine Landtagswahl im Oktober. Ein Bruch
der Koalition wäre für ihn deshalb wohl ein Katastrophe. Bouffier
wurde gerade mit mehr als 98 Prozent als CDU-Landesvorsitzender
bestätigt und will auf diesem Vertrauensbeweis erneut die
Staatskanzlei erobern. Deshalb wirbt er bei der CSU dafür, der
Kanzlerin für die Suche nach einer Lösung auf europäischer Ebene
etwas Zeit zu lassen. Sein Credo: «Glaubt jemand, dass in Deutschland
etwas besser wird, dass wir deutsche Interessen in Europa und in der
Welt besser durchsetzen, wenn die Einheit der Union zerschlagen
wird?»