1,3 Millionen Kinderleben: Impfungen schützen Lunge und Gehirn

Immer noch sterben weltweit hunderte kleine Kinder am Tag an
vermeidbaren Lungen- oder Hirnhautentzündungen. Immerhin zeigen
Impfungen gegen die Erreger inzwischen deutliche Erfolge.

Baltimore (dpa) - Allein Impfungen gegen gefährliche Lungen- und
Hirnhautentzündungen haben einer Hochrechnung zufolge zwischen 2000
und 2015 mehr als 1,3 Millionen kleinen Kindern weltweit das Leben
gerettet. Vor allem der Start von Impfprogrammen in armen Ländern
gegen die Haupterreger - Pneumokokken und Haemophilus influenza Typ B
(HiB) - habe die Zahl der Erkrankungen und Todesfälle in diesem
Zeitraum drastisch reduziert, schreiben US-Forscher im Journal «The
Lancet Global Health».

Ihre Berechnungen ergaben: Starben im Jahr 2000 noch etwa 600 000
HIV-negative Kinder unter sechs Jahren (bis zu 59 Monate alt) an
Pneumokokken-Infektionen, waren es 2015 weniger als die Hälfte (294
000). Bei HiB-Infektionen sank die Zahl der jungen Todesopfer von 299
000 um 90 Prozent auf geschätzt 29 500. Auch bei HIV-positiven
Kindern zeigte sich der Trend: Starben im Jahr 2000 noch gut 95 000
dieser Kinder an Lungen- oder Hirnhautentzündungen, waren es 2015 nur
noch rund 24 000.

«Weitere Fortschritte gegen diese Erkrankungen werden nun von den
Bemühungen weniger großer Länder abhängen», resümiert Studienau
tor
Brian Wahl von der Johns Hopkins University in Baltimore. Vor allem
in Indien, Nigeria, der Demokratischen Republik Kongo und Pakistan
seien die Zahlen noch hoch - diese Länder, in denen Impfprogramme
noch nicht greifen, haben die Hälfte aller jungen Pneumokokken-Toten
zu beklagen.

Für den generellen Rückgang seien auch eine bessere Hygiene und
Gesundheitsversorgung mitverantwortlich, ergänzen die Forscher. Sie
konnten aber den hohen Anteil der Impfungen an dem Trend berechnen:
So schrumpften die Pneumokokken-Infektionen zunächst nur um drei
Prozent pro Jahr, mit der Ausbreitung der Impfungen ab 2010 aber um
acht Prozent.

Für ihre Arbeit sichteten Wahl und seine Kollegen die jährlichen
Erkrankungs- und Todeszahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
auf Länderebene. Die setzten sie in Bezug zur vom Kinderhilfswerk
Unicef geschätzten Impf-Abdeckung des jeweiligen Landes.

«Die gute Nachricht ist, dass die Zahlen sich in die richtige
Richtung bewegen», schreibt Cynthia Whitney von den US Centers for
Disease Control and Prevention in einem Kommentar. Allerdings seien
Todesfälle durch HiB oder Pneumokokken in armen Ländern schwer
nachzuweisen, da es dort kaum Autopsien gebe. Sie schätzt, dass die
Zahl der Opfer deshalb in Wirklichkeit höher liegt. Die «Global
Burden of Disease»-Studie etwa nannte für 2015 rund 393 000
Todesopfer unter sechs Jahren durch Pneumokokken und 59 000 nach
HiB-Infektionen.

Während HiB-Impfungen in allen Ländern mit Impfprogrammen seit Langem
zum Standard gehören, ist dies bei Pneumokokken-Vakzinen noch nicht
überall der Fall. In Deutschland werden beide Impfungen von der
Ständigen Impfkommission (Stiko) für Säuglinge und Kleinkinder
empfohlen. Der Schutz vor HiB steht seit 1990 im Impfkalender und
wird heute als Teil eines Sechsfach-Impfstoffes verabreicht. Eine
Impfung, die vor mehreren Pneumokokken-Subtypen schützt, empfiehlt
die Stiko seit 2006.