Experte: Alfie würde in Deutschland weiterbehandelt werden

Die Eltern des todkranken britischen Jungen Alfie Evans kämpfen noch
immer vor Gericht dafür, dass ihr Sohn zur Behandlung nach Rom
ausgeflogen werden darf. Ein Flugzeug der italienischen Luftwaffe
steht bereit. Auch aus Deutschland erhalten sie Zuspruch.

London/München (dpa) - Der schwerkranke britische Junge Alfie Evans
würde in Deutschland nach Expertenansicht «selbstverständlich auf
Wunsch der Eltern weiterbehandelt». Das sagte der Professor für
Kinderkardiologie und Pädiatrische Intensivmedizin vom
Universitätsklinikum München, Nikolaus Haas, am Mittwoch der
Deutschen Presse-Agentur in London.

Der knapp zwei Jahre Alfie hat eine schwere neurologische Krankheit,
die noch nicht klar diagnostiziert ist. Die Ärzte im
Kinderkrankenhaus Alder Hey in Liverpool halten weitere
lebenserhaltende Maßnahmen für sinnlos, weil die Krankheit das Gehirn
des Kindes fast vollständig zerstört haben soll. Sie wollen Alfie
weiteres Leiden ersparen und ihn deshalb so bald wie möglich sterben
lassen. Die Eltern dagegen wollen, dass Alfie solange wie möglich
lebt und in Italien weiter behandelt wird.

Die zuständigen Richter bestätigten jedoch in mehreren Instanzen die
Auffassung des Krankenhauses in Liverpool. Am Montag wurden die
lebenserhaltenden Maßnahmen eingestellt. Das Kind atmet seitdem von
selbst. Nachdem ein weiterer Antrag, das Kind nach Italien bringen zu
dürfen, am Dienstag abgelehnt wurde, legten die Eltern erneut
Berufung ein. Die Verhandlung dauerte am Mittwoch noch in den
Abendstunden an.

In einer Online-Petition forderten derweil mehr als 400 000 Menschen,
Alfie ausreisen zu lassen. Dutzende Unterstützer demonstrieren seit
Tagen vor dem Krankenhaus in Liverpool. Auch der Papst hatte sich für
Alfies Eltern stark gemacht.

Die italienische Regierung hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, um
Alfie ins vatikanische Kinderkrankenhaus Bambino Gesù zu bringen. Der
Innenminister und der Außenminister brachten im Eilverfahren die
italienische Staatsangehörigkeit auf den Weg. Das Kabinett segnete
den Vorstoß ab. Auf dem Flughafen Ciampino steht eine Maschine der
Luftwaffe bereit, die Alfie nach Italien transportieren könnte.

Alfies Vater, Thomas Evans, äußerte die Hoffnung, sein Sohn könne,
wenn schon nicht nach Italien, dann doch wenigstens nach Hause
gebracht werden. Ein Vorschlag, den ein Richter bereits am Dienstag
ins Spiel gebracht hatte. Das Krankenhaus zeigte sich aber skeptisch.
Eine sofortige Verlegung sei wegen der «Feindseligkeit» der
Unterstützer von Alfies Eltern gegen die Krankenhausmitarbeiter zur
Zeit unmöglich.

Der deutsche Medizinprofessor Haas zeigte sich verwundert, dass Alfie
nicht schon lange bei seinen Eltern ist. In Deutschland gebe es
Hunderte, wenn nicht Tausende Menschen, die in einem ähnlichen
Zustand zu Hause betreut würden.

In die Kontroverse schaltete sich zuletzt auch Polens Präsident
Andrzej Duda ein: «Alfie Evans muss gerettet werden», schrieb er am
Mittwoch beim Kurznachrichtendienst Twitter.