«Faire Kompensation»: Sporthilfe fordert mehr Geld für Topathleten Von Andreas Schirmer, dpa

Die deutschen Topathleten können auf eine bessere Förderung hoffen.
Am Mittwoch stellt die Sporthilfe in Abstimmung mit dem DOSB und
seinen Athletenvertretern ein neues Fördersystem vor. Auch eine
Sportler-Rente ist im Gespräch.

Frankfurt/Main (dpa) - Teure Mieten, steigende Lebenshaltungskosten
und die Sorge um die Altersversorgung - Deutschlands Spitzensportler
haben die gleichen Sorgen wie viele andere. Deshalb soll die
finanzielle Situation der Athleten durch mehr Fördergeld und eine
Rente deutlich verbessert werden. Die Deutsche Sporthilfe und die
Athletenvertreter des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
stellen am Mittwoch dem Sportausschuss des Bundestags in Berlin eine
neue Fördersystematik und ein Alterssicherheitskonzept vor.

«Wir hoffen auf einen Paradigmenwechsel, um die Mangelsituation zu
verändern», sagte DOSB-Athletensprecher Max Hartung. «Es geht um die

Mindestabsicherung für das, was Athleten in den Sport investieren.»
Gemeinsam mit den Parlamentariern und dem Bundesinnenministerium
wolle man überlegen, wie die Absicherung der Athleten und auch die
der Trainer verbessert werden könne. «Es geht nicht darum, reich zu
werden, sondern um faire Kompensation», betonte der Säbelfechter.

Spitzensportler, die nicht bei der Bundeswehr, bei der Polizei oder
beim Bundesgrenzschutz angestellt sind, erhalten derzeit im Schnitt
rund 600 Euro pro Monat von der Sporthilfe. Ihr Vorstandschef Michael
Ilgner hält dies für «nicht ausreichend, um im internationalen
Wettbewerb zu bestehen und um Anreize für junge Athleten zu schaffen,
sich in ihrer Sportart an die Spitze zu entwickeln». In Absprache mit
Athletenvertretern und dem DOSB gehe man von einem Zielbedarf von
1200 Euro für Topsportler aus.

«Wir sind diesem Ziel in den letzten Jahren mit Hilfe unserer Partner
und Förderer nähergekommen. Wie wir es aber mittelfristig mit Hilfe
des Bundes erreichen können, darüber wollen wir im Sportausschuss mit
den Parlamentariern sprechen», sagte Ilgner.

CDU/CSU und SPD haben ihre Bereitschaft dazu im Koalitionsvertrag
festgeschrieben. Demnach soll «die Förderung und die Absicherung der
Bedürfnisse der Athleten», auch in Hinblick auf die Altersversorgung,
«besonders im Mittelpunkt stehen», heißt es. Der Bedarf an Geld vom
Staat für diese geplante Athleten-Unterstützung wird auf rund zwölf
Millionen Euro pro Jahr geschätzt.

«Ich bin sicher, dass die Athleten sehr wohl verfolgen, ob sie im
Zuge der Reform wirklich in allen Bereichen im Mittelpunkt stehen -
und nicht etwa die Wünsche der Funktionäre», sagte Dagmar Freitag,
Vorsitzende des Sportausschusses. Da gehe es nicht nur um das, was
für die aktive Karriere unabdingbar sei, wie die Ausstattung von
Olympiastützpunkten, Trainingsmöglichkeiten oder Sportmedizin. «Damit

ein vernünftiges Gesamtkonzept akzeptiert wird, müssen diejenigen,
für die wir die Reform machen, sehen, dass man auch ihren gesamten
Lebensweg im Auge behält», sagte die SPD-Politikerin.

Ein System der Altersversorgung für Athleten über die Sporthilfe zu
entwickeln ist nicht einfach, aber für Ilgner ein wichtiges Projekt.
«Während der Sportkarriere lebt ein Athlet im Schnitt von 600 Euro im
Monat. Das gibt kaum Spielraum für eine private Altersvorsorge»,
erklärte er. «Ohne Anstellung bei staatlichen Institutionen zahlt er
auch nicht in die gesetzlichen Rentensysteme ein.» Dieser Nachteil
müsse angemessen und nachhaltig ausgeglichen werden.

«Im Fechten ist man zum Beispiel nicht selten mit 35 Jahren noch
Student», sagte Hartung. Eine Rente wäre deshalb für ihn eine
«wichtige, spürbare Stellschraube» zur Veränderung der Situation de
r
Athleten. Als eine Art «Rentenformel» schlägt er eine Anwartschaft
der Sportler auf eine Altersversorgung vor, die mit dem Eintritt in
den Perspektiv- und Olympiakader beginnen und vom weiteren Verlauf
der Karriere abhängen würde. «Diese Ansprüche würden gesammelt un
d
der Athlet dann damit belohnt», erklärte Hartung. «Noch ist aber
nichts in Stein gemeißelt und das letzte Wort nicht gesprochen.»

Die Vorsitzende des Sportausschusses hält die Einführung einer
Athletenrente zwar rechtlich für nicht ganz einfach, sieht aber auch
keine unüberwindbaren Probleme. «Es liegt ein durchdachtes und
realisierbares Konzept der Sporthilfe vor», sagte Freitag und machte
noch einmal nachdrücklich klar: «Es gibt nur wenige Topathleten, die

von Prämien, Sponsoren oder anderen Geldern privat vorsorgen können.
Das Gros der Athleten kann dies entgegen landläufiger Meinung nicht.»