Techniker Krankenkasse will digitale «Gesundheitsakte» starten

Oft hakt es bei Behandlungen, weil Ärzten Informationen fehlen. Was
hat ein Patient zum Beispiel bisher verschrieben bekommen? Große
Krankenkassen wollen bei Angeboten via Smartphone aufs Tempo drücken.

Berlin (dpa) - Die Techniker Krankenkasse (TK) will mit einer eigenen
«elektronischen Gesundheitsakte» neue digitale Lösungen für Patient
en
voranbringen. Versicherte sollen Daten etwa zu Diagnosen, Impfungen,
verordneten Medikamenten oder Röntgenbilder und Laborbefunde in der
Akte sehen können, wie die TK am Dienstag in Berlin mitteilte. Dafür
sollen bisher dezentral bei Krankenhäusern, Ärzten oder Therapeuten
liegende Daten zusammengeführt werden können. Dies soll auch unnötige

Doppeluntersuchungen oder Medikamenten-Wechselwirkungen vermeiden.

«Der Patient ist der Herr seiner Daten», sagte TK-Chef Jens Baas. Die
Nutzung soll freiwillig und kostenlos sein. Der Zugriff ist vom Handy
über eine App vorgesehen. Geplant ist zunächst ein Anwendertest, für

den sich TK-Versicherte bundesweit registrieren können. Der Start für
alle Mitglieder wird noch für dieses Jahr angestrebt. Genaue Angaben
zu den Kosten des Projekts wurden nicht gemacht.

Nach jahrelangem Gezerre um zusätzliche Funktionen der elektronischen
Gesundheitskarte will die Bundesregierung bei der Digitalisierung der
medizinischen Versorgung vorankommen. Im Koalitionsvertrag ist
vereinbart, bis 2021 eine elektronische Patientenakte einzuführen.
Die AOK hat bereits ein eigenes Gesundheitsnetzwerk gestartet, das
auch eine digitale Akte umfasst und ebenfalls anschlussfähig an ein
einheitliches Datensystem sein soll. Die Konzepte von AOK und TK
kommen ohne die elektronische Gesundheitskarte aus.

TK-Chef Baas betonte, dass es bei der technischen Basis
elektronischer Akten unter den Krankenkassen keinen Wettbewerb geben
solle. Denn Daten sollten bei Kassenwechseln mitgenommen werden
können. Das Angebot setzt die TK mit dem IT-Dienstleister IBM um,
Daten sollen in einem Rechenzentrum in Deutschland gespeichert
werden.

Patientenschützer und die Verbraucherzentralen pochen auf hohe
einheitliche Standards bei neuen digitalen Anwendungen. Das Nutzen
einer elektronischen Patientenakte müsse kostenfrei und freiwillig
sein, sagte der Gesundheitsexperte des Bundesverbands der
Verbraucherzentralen (vzbv), Kai Vogel, der Deutschen Presse-Agentur.
«Jeder Patient muss die Hoheit über seine Daten behalten.» Die
Deutsche Stiftung Patientenschutz betonte, nur der Staat könne
höchste Sicherheitsstandards garantieren. Bundesgesundheitsminister
Jens Spahn (CDU) solle daher ein Bundesamt für die Digitalisierung im
Gesundheitswesen schaffen, sagte Vorstand Eugen Brysch der dpa.