Medizinkonzern Fresenius bläst Milliarden-Übernahme von Akorn ab

Es wäre der zweitgrößte Zukauf in der Firmengeschichte von Fresenius.

Umstritten war der Kauf des US-Herstellers von Cremes und Salben aber
schon lange. Nun sagt der Dax-Konzern die Übernahme ab. Gelaufen ist
die Sache aber noch nicht.

Bad Homburg (dpa) - Der Medizinkonzern Fresenius steht vor
turbulenten Zeiten. Nachdem das Dax-Unternehmen dem 4,4 Milliarden
Euro teuren Zukauf des US-Generikaherstellers Akorn am Wochenende
eine Absage erteilt hat, ziehen die Amerikaner erwartungsgemäß vor
Gericht. Akorn pocht auf die Einhaltung des abgeschlossenen
Übernahmevertrags, doch Fresenius bleibt bei seiner Kündigung.

Die Klage sei unbegründet, weil Akorn mehrere Vollzugsvoraussetzungen
nicht erfüllt habe, teilte Fresenius am Montagnachmittag in Bad
Homburg mit, nachdem das US-Unternehmen vor einem Gericht im
US-Bundesstaat Delaware Klage auf Vollzug der Übernahmevereinbarung
erhoben hatte. Unter anderem habe es schwerwiegende Verstöße gegen
Vorschriften der US-Gesundheitsbehörde FDA bezüglich der
Datenintegrität bei Akorn gegeben. Der Generikahersteller sieht
dagegen nach Darstellung von Fresenius alle Voraussetzungen für eine
Übernahme erfüllt.

Fresenius werde alle notwendigen und geeigneten Maßnahmen ergreifen,
um sich entschieden gegen die Klage zu verteidigen. Das Unternehmen
beabsichtige, während des laufenden juristischen Verfahrens keine
weitere Stellungnahmen abzugeben.

Fresenius-Chef Stephan Sturm hatte die zweitgrößte Übernahme der
Firmengeschichte nach dem Zukauf der spanischen Krankenhauskette
Quironsalud schon im Februar in Frage gestellt. Damals hatte
Fresenius nach anonymen Hinweisen von «angeblichen Verstößen» Akorn
s
gegen US-Vorschriften bei der Produktentwicklung gesprochen. Der
hessische Konzern hatte daraufhin die Vorwürfe untersuchen lassen.

Auf welche konkreten Verstöße die Ermittler stießen, ließ Fresenius

nun offen. Dies geschehe auf Wunsch von Akorn, da die Amerikaner auf
Einhaltung der gemachten Vertraulichkeitszusagen bestünden, sagte
ein Sprecher. Ohnehin scheinen die Fronten zwischen beiden Firmen
verhärtet: Das Angebot, mehr Zeit zu bekommen, um selbst weiter zu
prüfen und Fresenius zusätzliche Informationen zur Verfügung zu
stellen, hätten die Amerikaner abgelehnt, teilte Fresenius mit.

Mit der Übernahme wollte Fresenius seine Flüssigmedizintochter Kabi
in den USA stärken. Der Abschluss des Geschäfts war schon für
Jahresbeginn geplant, doch die kartellrechtliche Prüfung zog sich
hin. An der Börse war der Deal umstritten, da Akorn unter dem
Preisdruck auf dem US-Markt für Nachahmermedikamente leidet. Daher
wuchs die Sorge, Fresenius könne sich nach einigen gelungenen
Übernahmen verhoben haben. Die Börse reagierte daher erleichtert auf
die Absage an Akorn: Fresenius-Aktien stiegen am Montagvormittag.

Zumindest einen finanziellen Nachteil aus dem geplatzten Zukauf müsse
der Dax-Konzern nicht fürchten, betonte der Sprecher. Im
Übernahmevertrag hatte Fresenius keine Auflösungsgebühr im Falle
eines Scheiterns vereinbart.

Zugleich verkündete Fresenius Medical Care (FMC) am Wochenende einen
milliardenschweren Verkauf. Die Dialysetochter veräußert ihre
Mehrheitsbeteiligung am US-Ärztenetzwerk Sound Inpatient Physicians
für 1,76 Milliarden Euro an eine Investorengruppe. Dies bringe einen
Buchgewinn von 800 Millionen Euro vor Steuern. Mit dem Verkaufserlös
will FMC das Geschäft mit Blutwäsche ausbauen, etwa über denkbare
Übernahmen in Asien und den Ausbau des Versorgungsmanagements in den
USA, sagte ein Sprecher.