Presslufthammer, Nachbarn, Hupen: Auf der Spur des Lärms in New York Von Christina Horsten, dpa

Mehr als acht Millionen Menschen auf engsten Raum, dazu Autos,
Hubschrauber, Bauarbeiten und Partys: New York ist laut. Und das, so
betonen Wissenschaftler zum Tag gegen Lärm, kann krank machen. Mit
Mini-Mikrofonen suchen Forscher nach den Ursachen des Krachs.

New York (dpa) - In New York, so schrieb einmal das Magazin «New
Yorker», gibt es zwei Arten von Lärm. «Den Lärm der Stadt (Autohu
pen,
laute Nachbarn, Baumaschinen, bellende Hunde) und den Lärm der New
Yorker, die sich darüber beschweren.» Mehr als 400 000
Lärm-Beschwerden gingen im vergangenen Jahr bei der städtischen
Hotline 311 ein, etwa eine alle anderthalb Minuten - zu
Presslufthämmern, Lastwagen, Hubschraubern, ratternden U-Bahnen,
Autohupen, vor allem aber zu lauten Nachbarn.

«Die Menschen in New York sind ziemlich dramatischen Lärmpegeln
ausgesetzt, die Einfluss auf ihr tägliches Leben haben,
beispielsweise in Hinblick auf den Schlafrhythmus», sagt Juan Pablo
Bello von der New York University. «Jeder, der hier lebt, kann
Geschichten über Lärm erzählen - und meistens fallen die nicht sehr
schmeichelhaft aus.» Neun von zehn New Yorkern sind Schätzungen
zufolge regelmäßig Lärmpegeln ausgesetzt, die die
US-Umweltschutzbehörde Epa als schädlich einstuft.

Lärm kann krank machen, das ist Wissenschaftlern schon lange
klar: Das Risiko für Stress, Bluthochdruck und Herzerkrankungen etwa
kann steigen. Wissenschaftler der Universität Toronto fanden jüngst
zudem heraus, dass der Lärmpegel, dem Pendler in öffentlichen
Verkehrsmitteln oder auf dem Fahrrad ausgesetzt sind, zu Hörschäden
führen kann. Zum Tag gegen Lärm am Mittwoch (25. April) sind auch
in Deutschland zahlreiche Veranstaltungen geplant.

Wissenschaftler Bello, der das Musik- und Audiolabor der New York
University leitet, will in seiner Metropole erstmal genauere Daten
über den Lärm sammeln. Vor zwei Jahren bekamen er und seine Kollegen
rund 4,6 Millionen Dollar (derzeit 3,7 Millionen Euro) Unterstützung
der National Science Foundation für ein auf fünf Jahre angelegtes
Projekt: «Sounds of New York City» (SONYC), die Geräusche von New
York City.

Rund 100 kleine Aufnahmesensoren wollen die Forscher dafür in der
Stadt verteilen. Bislang sind es etwa 50. Die Geräte haben Mikrofone,
können aber auch Daten verarbeiten. In regelmäßigen Abständen nehme
n
sie zehn Sekunden lange Geräuschschnipsel auf und übermitteln sie an
Bellos Labor. Gespräche können nicht identifizierbar aufgenommen
werden. «Wir wollen die Lärm-Situation beobachten», sagt Bello, «wi
r
sind nicht daran interessiert, ein Überwachungswerkzeug zu erfinden.»

Die Auswertung der Daten hat gerade erst begonnen, aber schon erste
Erkenntnisse gebracht. So analysierten die Forscher eine Reihe von
Beschwerden in der Gegend um den Washington Square Place. Grund war
Baulärm nach den offiziell erlaubten Tageszeiten. Kontrolleure der
Stadt, die Tage später die Beschwerden überprüften, konnten in 80
Prozent der Fälle kein Fehlverhalten feststellen. Die Überprüfung der

Lärmdaten zu den Zeiten der Beschwerden aber ergab: In 94 Prozent der
Fälle gab es wohl doch Fehlverhalten. Gemeinsam mit der Stadt
überlegen Bello und sein Team nun, wie solche Daten künftig am besten
genutzt werden können.

In Zukunft könnte das Projekt auch in andere Städte und Länder
gebracht werden, sagt Bello. «New York ist unser Labor, wo wir uns
austoben können, und weil es so laut ist, ist die Stadt ein ideales
Experimentierfeld für uns.» Ein Ziel sei auch, den Menschen die
Schädlichkeit von Lärm bewusster zu machen. «Lärm ist Verschmutzung
.
Und wir wollen, dass die Menschen über Lärmverursachung genauso
denken, wie über das Wegschmeißen der Verpackung eines
Schokoriegels.»